Bundesregierung will kommerzielle Satelliten-Geodaten kontrollieren
Die Bundesregierung hat den Entwurf eines Gesetzes vorgelegt, das vorsieht, dass jedes von Deutschen oder von deutschem Boden aus betriebene "hochwertige Erdfernerkundungssystem" vom Staat genehmigt werden muss und von ihm kontrolliert wird.
Die Bundesregierung hat dem Bundesrat den Entwurf eines "Gesetzes zum Schutz vor Gefährdung der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland durch das Verbreiten von hochwertigen Erdfernerkundungsdaten" (Satellitendatensicherheitsgesetz, SatDSiG) vorgelegt. Als erstes Land in Europa legt Deutschland damit gesetzliche Richtlinien (PDF-Datei) für die Erfassung und Verbreitung von Geodaten fest, die mit hochwertigen, nicht-staatlichen Satelliten-Sensorsystemen erzeugt werden. Oberstes Gebot: Die ständige Wahrung sicherheits- und außenpolitischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland.
Die Nutzung von Erdfernerkundungssystemen und das Verbreiten damit erzeugter Daten sei militärisch relevant und sowohl für die innere und äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland als auch für die Sicherheit verbündeter wie auch dritter Staaten von Bedeutung, halten die Verfasser in der Begründung des Gesetzes fest. Auch wenn Erdfernerkundungssysteme und Daten, die mit diesen erzeugt werden, keine originäre Sicherheitsgefährdung darstellten, hätten sie einen erheblichen wirkungsverstärkenden Effekt: Wirkungen von Waffen, militärische Wirkungen oder politische Drohungen könnten durch Erdfernerkundungsdaten erheblich verstärkt werden.
Die Daten könnten beispielsweise zur Erstellung von Höhenprofilen verwendet werden, die zur Steuerung und Zielführung von Lenkflugkörpern oder unbemannten Luftfahrzeugen geeignet sind. Auch besäßen sie das Potenzial militärischer oder terroristischer Zielerkennung und -ortung von hochsensiblen Zielen im In- und Ausland wie beispielsweise Truppenstützpunkten. Ein unkontrolliertes Verbreiten solcher Daten von Deutschland aus oder mit Erdfernerkundungssystemen deutscher Bauart liefe auch dem Friedensgebot des Art. 26 GG zuwider. Das gelte nicht nur für die Nutzung der Daten in zwischenstaatlichen Konflikten, sondern auch durch nichtstaatliche Akteure bei Gewaltanwendung unterhalb einer kriegerischen Auseinandersetzung, beispielsweise in ethnischen Konflikten, bei bürgerkriegsähnlichen Unruhen oder terroristischen Akten.
Politisch könnte die Bundesrepublik Deutschland auch Vorwürfen ausgesetzt sein, dass militärisch verwendbare Daten von deutschen Erdfernerkundungssystemen infolge fehlender Kontrolle an Dritte gelangen und hierdurch zur Gefährdung für andere Staaten würden, heißt es weiter. Die Zuverlässigkeit Deutschlands im Umgang mit militärisch verwendbaren Daten könnte hierdurch infrage gestellt werden. Mit dem Gesetz würde das Inverkehrbringen und Zugänglichmachen solcher Daten beschränkt und die nationale Datensicherheitspolitik der Bundesregierung umgesetzt.
Konkret sieht das Gesetz vor, dass jedes von Deutschen oder von deutschem Boden aus betriebene hochwertige Erdfernerkundungssystem vom Staat genehmigt werden muss und von ihm kontrolliert wird. Die Betreiber müssen zudem überprüfen, ob es sich bei einer Kundenanfrage um eine mögliche Gefährdung der Sicherheitsinteressen Deutschlands handelt. Kriterien sind beispielsweise der Informationsgehalt der Daten, die Person des Anfragenden, das angefragte Zielgebiet oder die gewünschte Zeitnähe. Ergibt die Prüfung, dass möglicherweise Sicherheitsinteressen betroffen sind, ist eine Weitergabe der Daten nur mit Zustimmung der Behörden erlaubt. Der Diensteanbieter muss sämtliche Anfragen protokollieren, die Daten dürfen von staatlichen Sicherheitsdiensten ausgewertet werden.
Unter dem Begriff "hochwertiges Erdfernerkundungssystem" versteht die Bundesregierung alle raumgestützten Satelliten, Raumstationen sowie Transportsysteme einschließlich Bodensegmente. Zu den sicherheitsrelevanten Daten gehören alle von den Sensoren eines Erdfernerkundungssystems erzeugten Signale sowie daraus abgeleitete Datenprodukte – von Fotos über Spektral- und Radardaten bis hin zu digitalen Höhenmodellen. Verstöße gegen das SatDSiG sollen mit Freiheitsstrafen von bis fünf Jahren oder Geldbußen bis 500.000 Euro geahndet werden können. Das Gesetz soll zum 1. Juli 2007 in Kraft treten. (pmz)