Desaster für Boeing bei Raketenstart im Pazifik

Von einer schwimmenden Plattform im Pazifik sollte der Kommunikationssatellit NSS-8 ins All geschossen werden. Was zweiundzwanzig Mal zuvor geklappt hatte, ging diesmal schief.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 136 Kommentare lesen
Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Peter-Michael Ziegler

Bereits Wochen vor dem Start wurde "Odyssey" von Kalifornien aus in Richtung Äquator geschleppt. Im Hintergrund ist das Begleitschiff "Sea Launch Commander" zu sehen.

Die Idee war bestechend: Man nehme eine ausrangierte Bohrplattform, baue sie zu einer mobilen Raketen-Abschussrampe um und ziehe diese bei Bedarf von Kalifornien aus zu einer Stelle im Pazifik, etwa 2200 Kilometer südlich von Hawaii. Weil dort die Erdrotation eine größere Zentrifugalkraft verursacht, die der Erdanziehungskraft entgegengerichtet ist und bereits eine hohe Eigengeschwindigkeit vorhanden ist, können Trägerraketen, die beispielsweise Satelliten in eine Erdumlaufbahn transportieren sollen, mehr Nutzlast bei gleicher Leistung befördern. Für das Unternehmen Sea Launch, an dem unter anderem Boeing, die britisch-norwegische Kvaerner Group und der russische Raketenbauer Energija beteiligt sind, war die schwimmende Startplattform "Odyssey" ein lohnendes Geschäft: Zweiundzwanzig erfolgreiche Starts verzeichnete das Unternehmen seit 1999, fünf allein im vergangenen Jahr.

In der Nacht zum Dienstag sollte nun eine Trägerrakete des Typs Zenit-3SL den Kommunikationssatelliten NSS-8 für die inzwischen zum SES-Konzern gehörende niederländische Firma New Skies ins All transportieren. Doch diesmal ging alles schief: Unmittelbar nach dem ferngesteuerten Signal zum Liftoff explodierte die Trägerrakete noch auf der Plattform und beschädigte diese schwer. Die Trümmer des 300 Millionen US-Dollar teuren Satelliten versanken im Pazifik. Menschen wurden bei dem Unglück nicht verletzt, da die Odyssey-Plattform vor jedem Abschuss geräumt werden muss. Koordiniert wurde der Start von der "Sea Launch Commander", einem Begleitschiff, das mehrere Kilometer von der Abschussstelle entfernt vor Anker ging.

Besonders betroffen von der Katastrophe ist der Boeing-Konzern, der nicht nur zu 40 Prozent an Sea Launch und damit an "Odyssey" beteiligt ist, sondern auch für den Nutzteil der gemeinsam mit ukrainischen und russischen Firmen produzierten Trägerrakete verantwortlich war, und der den NSS-8-Kommunikationssatelliten baute. Da es sich um eine so genannte In-Orbit-Delivery handelte – die Besitzverhältnisse also erst nach einer erfolgreichen Positionierung des Satelliten im All wechseln sollten – trägt Boeing (beziehungsweise eine Versicherung Boeings) die Kosten für den Verlust des Satelliten. NSS-8 sollte den Satelliten NSS-703 ersetzen, der seit 1994 im All ist und für Sprach- und Datenverkehr sowie Fernsehübertragungen in Europa, Afrika, dem Nahen Osten, Indien und Asien genutzt wird. (pmz)