Vorhang auf für den nächsten Akt im .xxx-Drama
ICM Registry drängt den Vorstand der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers, die von ihm beantragte Rotlichtadresszone endlich zuzulassen. Bereits jetzt gebe es über 75.000 Vorregistrierungen.
Das US-Unternehmen ICM Registry drängt den Vorstand der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN), die von ihm beantragte Rotlichtadresszone (.xxx) endlich zuzulassen. Bereits jetzt gebe es über 75.000 Vorregistrierungen, schreibt ICM-Chef Stuart Lawley in einem von ICANN veröffentlichten Brief. Die für pornographische Angbote vorgesehene Adresszone war bislang vor allem am Widerstand einzelner Regierungen, darunter der US-Regierung, gescheitert, gegen deren Stimme die private Namensverwaltung die Adresszone nicht einführen wollte. Beim bevorstehenden Treffen der ICANN in Lissabon könnte die Entscheidung fallen.
"Wir haben auf eine Entscheidung des ICANN-Vorstands in seiner Februar-Sitzung gehofft. Wir haben auf eine Entscheidung bei der gestrigen Sitzung gehofft," sagte Lawley gegenüber heise online. "Wir hoffen weiter. Vielleicht ist es gut, wenn ICANN bei dem öffentlichen Treffen in Lissabon entscheidet." In den gestern veröffentlichten Dokumenten unterstreicht ICM, man erfülle alle Kriterien, die ICANN zur Bedingung für eine Zulassung als "Adresszone für bestimmte Zielgruppen (sTLDs)" gemacht habe.
Die xxx-Adresszone richte sich an eine einzelne Branche, nämlich die Erotikanbieter, schrieb Lawley an ICANN. ICM habe sich zusätzlich zu Mitspracherechten für verschiedenste Interessengrupppen auch um eine externe Aufsicht gekümmert. Das "Family Online Safety Intsitute", in dem unter anderem AOL, AT&T, British Telecom Cisco, die GSM Assocation und Microsoft Mitglieder sind, wurde für ein unabhängiges Monitoring gewonnen. Und schließlich zeigten die zahlreichen Vorregistrierungen, die man ICANN als vertrauliches Dokument auch vorgelegt habe, und auch Unterstützerschreiben von rund 1500 Erotikanbietern, das Interesse. Unterstützung komme aus 35 Ländern.
"Jedes Mal, wenn ICANN uns neue Bedingungen genannt hat, sind wir hingegangen und haben sie brav erfüllt", sagt Lawley mit Blick auf den im Januar neu vorgelegten Vertragsentwurf zwischen ICM und ICANN, der den zweiten Anlauf für die Zulassung darstellte. Eine rückwirkende Änderung der Bewerbungsvoraussetzungen sei aber nicht akzeptabel, sagte Lawley. Man könne nicht nachträglich die Bedingungen der Ausschreibung ändern. Wenn ICANN sich in Lissabon erneut gegen die Bewerbung entscheide oder die Entscheidung weiter verzögere, werde ICM gerichtliche Schritte prüfen. "Man kann nicht die Leute dazu bringen, unter falschen Voraussetzungen Millionenbeträge zu investieren." Lawley hat nach eigenen Angaben bereits 4 Millionen US-Dollar in die Rotlichtdomain investiert, die Hälfte davon in juristischen Beistand.
Eine Klage könnte für ICANN also teuer werden. Andererseits muss die ICANN erneut damit rechnen, dass sich erneut Regierungen gegen die Einführung der Erotik-Adresszone stellen. Gegen das US-Handelsministerium führt Lawley bereits einen Prozess um die Herausgabe von Informationen, die die Einflussnahme der Behörde beweisen solle. Der Prozess stehe kurz vor dem Abschluss, so Lawley. Aber auch verschiedene europäische und lateinamerikanische Regierungen und die gerade wahlkämpfende australische Regierung haben Front gegen .xxx gemacht. Nachdem ICANN gegenüber der Regierungskritik eingeknickt war, wurde freilich von allen Seiten auf die US-Regierung gezeigt. Deren Einfluss hat ICANN allerdings in der Tat am meisten zu fürchten, ist sie doch nach wie vor unilaterale Aufsicht der privaten Netzverwaltung.
Lawley warnte, ebenso wie kürzlich Professor Milton Mueller in einem vom Internet Governance Project veröffentlichten Brief (PDF-Datei), vor dem Einfluss der Regierungen auf die Einführung neuer Adresszonen: "Vielleicht wird dann keine Adresszone mehr eingeführt. Irgendeiner hat immer etwas auszusetzen an einer neuen TLD." Die für pornographische Angebote vorgesehene Adresszone war bislang vor allem am Widerstand einzelner Regierungen, darunter der US-Regierung, gescheitert, gegen deren Stimme die private Namensverwaltung die Adresszone nicht einführen wollte. Beim bevorstehenden Treffen der ICANN in Lissabon könnte die Entscheidung fallen. (Monika Ermert) / (anw)