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Der Schweinezyklus der Spielkonsolen

Alle fünf Jahre jammern Hersteller über zu hohe Kosten und geringe Absatzzahlen der neuen Spielkonsolen. Branchenveteran Don L. Daglow analysiert die Gründe und erklärt, warum die Wii mehr Potential hat als Xbox 360 und Playstation 3.

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Was macht eine so genannte Next-Gen-Konsole aus? Ist es die Rechenleistung? Die Grafik? Für Branchenveteran Don L. Daglow steht die neue Spielerfahrung im Mittelpunkt. Der Chef der Stormfront Studios analysierte auf der Games Developer Conference in Leipzig den Schweinezyklus der Spielkonsolen, der sich alle fünf Jahre wiederholt. So habe er die aktuelle Diskussion um bessere Grafikeffekte bereits Anfang der 80er Jahre erlebt, als er für Mattel die Entwicklung der Intellivision-Spiele leitete. Damals freuten sich er und seine Programmierer, dass die neue Hardware acht Farben darstellen konnte und träumten wie es wäre, wenn man als Designer 32 Farben zur Verfügung hätte.

Daglow unterteilt den Lebenszyklus einer Spielkonsole in drei Phasen:

Zunächst haben die Hersteller nur eine geringe installierte Hardwarebasis, die ausschließlich von Hardcore-Spielern gebildet wird. Hersteller jammern während dieser Phase stets über hohe Kosten und niedrige Gewinne. Programmierer müssen die neue Hardware erst kennenlernen und liefern nur aufpolierte Versionen bekannter Spielkonzepte, die von Hardcore-Spielern gekauft werden.

In Phase zwei haben die Entwickler ihre anfängliche Lernphase abgeschlossen. Die Spiele werden technisch sehr viel ausgereifter, weil Programmierer eine Wiederholung der Fehler vermeiden, die sie noch während des ersten Projektes gemacht haben. Gleichzeitig wachsen die Hardwarebasis und die Profite der Unternehmen. Das schafft Räume für neue Spielkonzepte.

In Phase drei werden die Hardcore-Spieler von den Gelegenheitsspielern als größter Zielgruppe abgelöst. Für Entwickler werden deshalb Film-Lizenzen wichtiger, um die Spiele für ein breites Publikum zu vermarkten. Erst in dieser letzten Phase beherrschen die Programmierer die Hardware wie im Schlaf und können die letzten Leistungsreserven herauskitzeln.

Doch für Daglow zählen nicht hohe Rechenleistung oder bessere Grafik bei der Definition, was denn eine neue Generation ausmache, sondern neuartige Spielerfahrungen, die Spieler vorher nicht machen konnten und die neue Potentiale für die Industrie öffnen.

Als Beispiele nannte Daglow Spiele wie Sim City oder Guitar Hero. Letzteres habe fundamentale Branchenregeln gebrochen, dass man keine teure Hardware zu einem Spiel verkaufen könne und die Box den Standardmaßen entsprechen müsse. Aber Guitar Hero habe es Spielern erstmals ermöglicht, gemeinsan mit Freunden und Angehörigen, egal ob sie zu den Hardcore- oder Gelegenheitsspielern zählen, über Stunden vor der Konsole Spaß zu haben. Auf der anderen Seite habe Geometry Wars auf der Xbox 360 gezeigt, das Retro-Spiele auch auf Next-Gen-Konsolen sehr erfolgreich sein können.

Ebenso ändere die Wii bei vielen Menschen die Sichtweise dramatisch, welches Potenzial sie in Videospielen sehen. Man könne sich nun Spielkonzepte vorstellen, die mit der vorangegangenen Generation nicht möglich gewesen wären. Und dieses sei letztlich für die Entwicklung der Spielkultur wertvoller als nur die Rechenleistung zu erhöhen. (hag)