Elektronische Gesundheitskarte: Disput der Ärzte

Die Entscheidung, die elektronische Gesundheitskarte (eGK) zunächst als reine Krankenversicherungskarte mit Foto einzuführen, produziert kontroverse Diskussionen in der Ärzteschaft.

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Von
  • Detlef Borchers

Die Entscheidung, die elektronische Gesundheitskarte (eGK) zunächst als reine Krankenversicherungskarte mit Foto einzuführen, produziert kontroverse Diskussionen in der Ärzteschaft. Während die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) betonte, dass sich an den Tests nichts ändere, kritisierte der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK) die Eile beim Rollout. Unterdessen veröffentlichten drei Ärzteverbände einen Brief an KBV und BÄK, in dem sie die ärztlichen Interessensvertreter auffordern, die Mitarbeit in der Projektgesellschaft Gematik zumindest solange einzustellen, bis die Bedenken der Ärzte gehört werden.

Am Mittwoch hatte Klaus Theo Schröder, Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium, noch einmal die Absicht der Regierung bekräftigt, ab Mitte des zweiten Quartals 2008 mit der Ausgabe der elektronischen Gesundheitskarte zu beginnen und zeitgleich Ärzte wie Apotheken mit Lesegeräten zu versorgen. "Dieses System ist von Beginn an besser und sicherer als alles, was wir bisher haben", erklärte Schröder die Absicht, die Karten auszurollen, ohne die Ergebnisse der 100.000er Tests abzuwarten, die nach den Planungen der Gematik 2008 durchgeführt werden sollen. Ursprünglich war geplant, mit der Ausgabe der Karten nach dem 100.000er-Test zu beginnen, in dem erstmals nicht mit simulierten Daten getestet werden soll.

Nach Ansicht der kassenärztlichen Bundesvereinigung stellt das Vorgehen kein Problem dar. Carl-Heinz Müller vom Vorstand der Vereinigung erklärte in Berlin, dass die 100.000er-Tests seiner Ansicht nach stattfinden werden und unverzichtbar sind. Unter Verweis auf ein Argumentationspapier der Bundesvereinigung gab sich Müller zuversichtlich, dass die Erfahrungen und Bedenken der Ärzte angemessen berücksichtigt werden. Außerdem kritisierte Müller die Medien, die vom Wegfall des 100.000er Tests berichten: "Diese kolportierte Aussage aus dem Bundesgesundheitsministerium bezog sich lediglich auf die erste Variante einer Gesundheitskarte, die von der Funktion her der heutigen Krankenversichertenkarte entspricht und zusätzlich nur ein Foto des Versicherten aufweist."

Etwas härter kritisierte Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer, die neuen Pläne zum Rollout der eGK. Gegenüber den Dortmunder Ruhr-Nachrichten erklärte Hoppe: "Es gibt keinen vernünftigen Grund, die Erprobungsphase abzukürzen oder gänzlich zur Disposition zu stellen." Sorgfalt müsse vor Schnelligkeit gehen. Unter Verweis auf die Resolution des Deutschen Ärztetages, der eine Neukonzeption der Gesundheitskarte gefordert hatte, warnte der Ärztepräsident davor, dass die Ärzteschaft das Projekt nicht unterstützen werde, wenn die Einwände der Ärzte nicht berücksichtigt würden.

Drei deutschen Ärzteverbänden ist das nicht genug. Der NAV-Virchow-Bund, der Medi-Verbund und der Bundesverband der Ärztegenossenschaften veröffentlichten einen Brief an die Adresse der Kassenärztlichen Vereinigung und an die Bundesärztekammer als Vertreter der ärztlichen Interessen in der Projektgesellschaft Gematik. Im Offenen Brief heißt es: "Die Informationen aus den Testregionen mit einer noch 'dummen Karte', die auch mit Lichtbild nicht intelligenter wird, sind keineswegs beglückend." Die Ärzteschaft müsse sich diesem eCard-Diktat verweigern, heißt es in dem Schreiben, das KBV und BÄK zur Aktion auffordert: "Legen Sie Ihre Mitarbeit in der Gematik nieder, zumindest, bis die Bedingungen der Ärzteschaft erfüllt sind!"

Siehe dazu auch den Online-Artikel in c't – Hintergrund mit Links zur aktuellen und bisherigen Berichterstattung über die elektronische Gesundheitskarte und die Reform des Gesundheitswesens:

(Detlef Borchers) / (jk)