INSM und Wikimedia Deutschland legen Rechtsstreit bei
Die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft wollte Wikimedia dazu verpflichten, einen umstrittenen Diskussionsbeitrag aus der Versionsgeschichte der Wikipedia zu tilgen. Gestern einigten sich die Parteien vor dem Landgericht Köln gütlich.
Die Lobbygruppe Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft und der Verein Wikimedia Deutschland haben ihren Rechtsstreit beigelegt. Die INSM wollte Wikimedia gerichtlich dazu verpflichten, einen umstrittenen Diskussionsbeitrag aus der Versionsgeschichte der freien Online-Enzyklopädie Wikipedia zu tilgen und einen entsprechenden Hinweis im Pressespiegel der Wikipedia löschen zu lassen. Gestern einigten sich die Parteien vor dem Landgericht Köln gütlich.
Grund der Klage war ein Diskussionsbeitrag eines anonymen Wikipedia-Nutzers, der auf der Diskussionsseite des Wikipedia-Artikels über die INSM die Organisation als "kriminelle Vereinigung" bezeichnet hatte. Zwar war dieser Beitrag von anderen Nutzern von der Diskussionsseite entfernt worden, über das Versionsarchiv der Seite ist sie aber immer noch nachlesbar.
Der Streit um die Äußerungen dauerte über ein Jahr. Die INSM wollte die Äußerungen zunächst per einstweiliger Verfügung verbieten lassen, scheiterte damit aber vor dem Landgericht Köln. Auch das Oberlandesgericht Köln hatte der einstweiligen Verfügung wenig Chancen eingeräumt, da die umstrittene Äußerung wahrscheinlich von dem Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt sei und der Kläger nicht ausreichend legitimiert sei. Die Klage war von der Berolino PR GmbH eingereicht worden, die das Wirken der INSM als ihre Dienstleistung betrachtet und sich damit von der Kritik in der Wikipedia angesprochen fühlte.
Im Verlauf des Verfahrens hatte sich die Firma in INSM – Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft GmbH umbenannt. Auch Wikimedia hatte sich im Verlauf des Rechtsstreits angepasst – statt von der vereinseigenen Domain wikipedia.de direkt zur Startseite der deutschspachigen Wikipedia weiterzuleiten, findet man an dieser Stelle jetzt ein eher allgemein gehaltenes Portal.
Beide Seiten sehen sich nach der gütlichen Einigung als Gewinner. Die INSM stellt den Rückzug der Klage im eigenen Blog als Erfolg dar: Wikimedia habe sich ausdrücklich von den Äußerungen distanziert und sich verpflichtet auf eine Löschung der Beiträge hinzuwirken. Wikimedia-Geschäftsführer Arne Klempert sieht die Sache anders. Da der Verein die Äußerungen nie getätigt habe und auch nicht für die Seiten verantwortlich sei – Betreiber der Wikipedia ist die Wikimedia Foundation mit Sitz in Florida – habe sich nichts an der Ausgangslage geändert. Er habe vor Gericht lediglich zugesichert, die Beschwerde der Werbeagentur an die Wikimedia Foundation weiterzuleiten. In den nächsten Tagen werde er einen entsprechenden Brief nach Florida schicken. Klempert sieht Wikimedia Deutschland als Gewinner des Konflikts: "Der Versuch, uns für Äußerungen Dritter verantwortlich zu machen, ist gescheitert." Über das Vorgehen des Prozessgegners zeigt er sich verwundert: "Die INSM weist in einer Pressemitteilung alle Interessierten darauf hin, wo man die umstrittene Äußerung finden kann."
Die INSM war in einem ähnlichen Fall gegen den Heise Zeitschriften Verlag wegen einer Äußerung im Forum von Telepolis vorgegangen. Auch hier konnte die Lobbyorganisation keinen Erfolg verbuchen, das Landgericht Düsseldorf wies die beantragte einstweilige Verfügung ab. (Torsten Kleinz) / (anw)