Datenschützer: "Verkettung digitaler Identitäten" gefährdet Privatsphäre

Im Internet weiß jeder, dass Du ein Hund bist: Datenschützer haben eine Analyse vorgelegt, wie durch Verbindung von verschiedenen, meist erst einmal harmlosen Datenquellen dann doch detaillierte Profile einzelner Personen erzeugt werden.

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Von
  • Detlef Borchers

Das unabhängige Landeszentrum für Datenschutz in Schleswig-Holstein und der Forschungsbereich Datenschutz und Datensicherheit der TU Dresden haben einen umfangreichen Report zum Thema Verkettung digitaler Identitäten (PDF-Datei) vorgestellt. Hinter dem sperrigen Titel verbirgt sich das sattsam bekannte Problem, dass durch Verbindung von verschiedenen Datenquellen detaillierte Profile einzelner Personen erzeugt werden.

Der Report, eine Auftragsarbeit unter Förderung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, untersucht auf über 230 Seiten erstmals systematisch die Möglichkeiten der Verkettung von Personenangaben. Die ursprüngliche Fragestellung war simpel: "Wo werden welche Daten über mich erhoben? Wer kann sie miteinander verknüpfen, wo werden Profile über mich erstellt? Wie lassen sich diese verketteten Daten auswerten?" Am Forschungsprojekt arbeiteten nicht nur IT-Spezialisten und Datenschützer, sondern auch Betriebswirtschaftler, Historiker, Juristen und Soziologen mit. Ihre Schlussfolgerungen verdichteten die Fachleute in vier gut lesbaren Szenarien "Überwachung mit Hilfe von Alltagsgegenständen", "Internet-Suchmaschinen", "Arbeitnehmer und ortsbezogene Dienste" und "Ambient Assisted Living". Damit sind intelligente Wohnungen und Umgebungen gemeint, die voller Sensoren stecken. Der Report stellt nicht nur die Techniken vor, wie Datenprofile verkettet werden, sondern auch einige Maßnahmen, wie sich solche Verkettungen einschränken lassen. Als großes Problem sehen die Autoren indes, dass eine "Entkettung" der einmal zusammengesammelten Daten technisch kaum garantiert werden kann.

Im Jahre 1993 erschien im "New Yorker" ein Cartoon, auf dem sich zwei Hunde vor einem Computer unterhalten: "Im Internet weiß niemand, dass Du ein Hund bist", sagt ein Hund, eifrig auf der Tastatur tippend. Das war 1993, als die Kommerzialisierung des Internets in großem Stil startete. Heute stellt sich die Situation ganz anders dar: Im Internet ist jeder bekannt wie ein bunter Hund, wenn seine Nutzerprofile von Auktionsseiten, Internet-Shops, aus Chat-Rooms und dienstlichem wie privatem Mail-Gebrauch zusammengefügt werden. Die digitalen Duftnoten können vielfach verästelt Informationen enthalten, die bis in die Intimsphäre der Teilnehmer reichen – und den Hund im Zweifelsfall als Hund entlarven. Wie weit die Informationshäufung allein aus öffentlich zugänglichen Quellen geht, ist seit einigen Tagen bei der Personensuche von yasni erfahrbar. Gut gemeinte Bleib-mir-vom-Leibe-Listen sind genau das: gut gemeint, mehr aber nicht. Damit man nicht über die Datenspuren verfolgt werden kann, muss man erst einmal identifizierbar sein. Die solchermaßen abgelegten Informtionen zum Schutz der Identität sind häufig sehr aussagekräftige Daten, wenn sie weiterverarbeitet werden können.

Dementsprechend formuliert der Report eine Reihe von vertrauensbildenden Maßnahmen, wie ein nutzergesteuertes Identitätsmanagement aussehen kann. Nach Angaben der Verfasser geht der Report weit über das aktuelle europaweit harmonisierte Datenschutzrecht hinaus, wenn er zeigt, wie aus der Verkettung von anonymen Profilen die Diskriminierung von Betroffenen entstehen kann. Thilo Weichert, Leiter des Datenschutzzentrums, betont zur Veröffentlichung der Auftragsarbeit: "Unser Report ist der erste, der bereichsübergreifend die Verkettungsmöglichkeiten in unserer Informationsgesellschaft darstellt und wissenschaftlich analysiert." Neben der heute erfolgten Veröffentlichung als PDF-Datei soll der Report auch als Buch veröffentlicht werden. (Detlef Borchers) / (jk)