Adobe verdampft Profit zur Wolke
Kundengewinnung kostet, auch in der Cloud. Aber wenn Adobe derzeit Profit in die Wolke verdampft, soll diese bald einen warmen Geldregen bringen. Erst einmal brechen Umsatz und Gewinn aber ein.
"Ein Jahr des Übergangs", so sieht Adobes Finanzchef Mark Garrett das laufende Finanzjahr des Unternehmens. Adobe möchte weg vom Softwareverkauf hin zur Dienstleistung in der Cloud. Statt ein Mal viel zu bezahlen sollen die Kunden laufend geringere Beträge überweisen. Obwohl der Reingewinn im ersten Quartal 2013 um fast zwei Drittel eingebrochen ist, sieht Garrett Adobe "besser aufgestellt als es jemals war". Die Anleger sehen das offenbar ähnlich. Im nachbörslichen Handel Dienstagabend ist der Aktienkurs um mehr als sechs Prozent gestiegen. Auf den historischen Höchstwert aus dem November 2007 fehlen nur mehr gut zehn Prozent.
In Adobes Finanzbuchhaltung lief das erste Quartal 2013 von 1. Dezember bis 1. März. Darin hat das Unternehmen 1,008 Milliarden US-Dollar umgesetzt. So wenig waren es zuletzt im vierten Quartal 2010. Im Jahresabstand ist es ein Rückgang von 37 Millionen Euro, im Vergleich zum Vorquartal sind es 145 Millionen weniger. Der Nettogewinn ist gar von 185,2 Millionen (erstes Quartal 2012) respektive 222,3 Millionen (viertes Quartal 2012) auf 65,1 Millionen US-Dollar eingebrochen. Abgesehen vom vierten Quartal 2009, als Einmaleffekte im Zuge der Übernahme von Omniture das Ergebnis belastet haben, muss man schon sehr weit zurückgehen, um einen geringeren Reingewinn zu finden.
Adobe setzt auf die Cloud. Nicht nur sollen bestehende Kunden überzeugt werden, statt einmal für eine unbefristeten Lizenz für ein Produkt laufend für dessen Bereitstellung zu bezahlen; sondern die niedrigere Einstiegsgebühr soll auch neue Kundenschichten ansprechen. Für seine Creative Cloud konnte Adobe in den 90 Tagen des ersten Quartals jede Minute mehr als ein zusätzliches Abonnement verkaufen. 479.000 Kunden zählte Creative Cloud am 1. März, um 153.000 mehr, als Ende November. Bis Ende November sollen es 1,25 Millionen werden. Für die Marketing Cloud berichtet (PDF) das Unternehmen einen Zuwachs des Quartalsumsatzes von 20 Prozent im Jahresabstand.
Kundengewinnung kostet, auch in der Cloud. Aber wenn Adobe derzeit Profit in die Wolke verdampft, soll diese eines Tages einen warmen Geldregen bringen. Tatsächlich sitzt Adobe schon auf einem Berg an eingenommenen Abogebühren für zukünftig zu erbringende Leistungen. Dieser Betrag ist in den 90 Tagen um 80 Millionen auf 700 Millionen Dollar angewachsen. Und er ist nicht in den Umsatz- und Gewinnberechnungen enthalten. Dieses Geld wird erst dann als Umsatz verbucht, wenn Adobe die Leistung tatsächlich erbringt, sprich jener Monat gekommen ist, für den die Kunden den Cloud-Tarif schon jetzt bezahlt haben.
Die Telefonkonferenz mit Finanzanalysten am Dienstagabend war übrigens keine Werbung für Adobe Connect. Die enorm schwankende Lautstärke machte Zuhören zu einer teils schmerzhaften Konzentrationsübung. (jk)