Angespielt: Rocksmith 2014 – Gitarrenspiel macht Ernst

Die Neuauflage des Gitarrenlernspiels enthält interaktive Lektionen, bringt über 50 neue Songs und einen Session-Modus mit virtueller Begleitkapelle.

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Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Volker Zota
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Am Computer oder an der Spielkonsole Gitarrespielen lernen – und zwar mit einem echten Instrument! Mit diesem Ziel trat Ubisoft im vergangenen Jahr erstmals mit Rocksmith an. Die jetzt erschienene Ausgabe Rocksmith 2014 geht aber noch um einiges weiter: Rocksmith 2014 sei "der schnellste Weg, Gitarre zu lernen" sagt eine von Ubisoft beauftragte Studie.

Das Prinzip selbst ist gegenüber der Vorversion gleich geblieben: Rocksmith spielt keine Samples ab, sondern das tatsächlich von E-Gitarre oder -Bass per USB-Kabel "Real Tone Cable" übertragene Signal. PC oder Spielkonsole fungieren als virtuelle Gitarren-Amps. Der Spieler sieht anzuschlagende Töne und Akkorde auf dem eingeblendeten Griffbrett auf sich zu fliegen.

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Bei Rocksmith 2014 kann man wahlweise die Rolle des Lead-, Rhythmus-Gitarristen oder Bassisten übernehmen – und jederzeit zwischen diesen "Rollen" wechseln. Einen Bass benötigt man nicht zwingend, er lässt sich auch mit der Gitarre emulieren; für die Bass-Lektionen sollte es aber ein echter sein. Das Repertoire der über 50 mitgelieferten Songs führt von "Klassikern" wie Dylans "Knockin' on Heaven's Door" und The Ramones' "Blitzkrieg Bop" durch die gesamte Rockgeschichte. Dabei sind Songs von Aerosmith, Avenged Sevenfold, Boston, Foo Fighters, Iron Maiden, Nirvana, Queen, The Police, REM, Rush, Slayer, The Who und vielen anderen (Songliste).

Die Neuauflage von Rocksmith präsentiert sich "ernsthafter": Die Aufmachung ist nüchterner, der verspielte Karrieremodus ist verschwunden. Was der virtuelle Gitarrenlehrer leistet, ist beachtlich: Von den absoluten Grundlagen ("So hält man eine Gitarre") bis hin zu komplexen Spieltechniken wie Flageoletttönen – in deutschsprachigen Videos führt er sämtliche Techniken vor und leitet interaktive Übungen. Aus dem Off gibt er immer wieder Tipps: "Versuch's noch einmal!", "Diesmal etwas langsamer" oder "Das war fast ZU perfekt!".

Die sehr gute Akkorderkennung des Spiels zählt die richtigen und falschen Anschläge, um den Fortschritt messbar zu machen. Rocksmith nutzt dies, um den Schwierigkeitsgrad dynamisch an die Fähigkeiten des Gitarristen anzupassen: Kommt man nicht gut voran, schaltet Rocksmith einen Gang zurück. Das klappt in der Regel gut, hakt aber auch bei Rocksmith 2014 mitunter noch.

An Stelle des Karrieremodus sind Missionen getreten, die den Spieler in die richtige Richtung stubsen sollen. Aber so ganz ohne Spielkram kommt auch Rocksmith 2014 nicht aus – man kann Trophäen, Effektpedale und Verstärker freispielen, sowie Inlays fürs virtuelle Griffbrett gewinnen. Im "Guitarcade"-Bereich erklampft man sich bei den "Score Attacks" Highscores für einzelne Songs oder lernt in hübsch gemachten Retro-Minispielen grundlegende Spieltechniken – etwa schnelle Akkordwechsel im Weltraum-Shooter "Star Chords".

Wer alle Songs beherrscht oder einfach mal improvisieren will, wird sich über den neuen "Session-Modus" freuen. Hier sucht man sich eine von über sechzig Begleit-Bands aus den Kategorien Blues, Electronic, Punk, Metal und Rock aus oder stellt sich selbst eine Rockband zusammen. In letzterem Fall sucht man sich bis zu vier Instrumente aus, wählt die dem Jam zugrundeliegende Notenskala und Tempo, dann gehts los. Wie sehr die Begleit-Band in die Tasten haut, hängt von der Intensität des eigenen Spiels ab, das am oberen Bildrand in einer Art Fieberkurve angezeigt wird.

Der "Riff Repetitor" fasst nun alle Parameter zusammen und wirkt sehr überfrachtet. Dafür vermeidet er die langen Ladezeiten der Vorgängerversion.

Alle wichtigen Einstellungen befinden sich nun auf der per Tastendruck einblendbaren Bildschirmseite des "Riff Repetitor" – die zuvor kritisierten langen Ladezeiten sind passé. Der Riff Repetitor wirkt zwar arg überfrachtet, dafür kann man aber Schwierigkeitsgrad (und dessen dynamische Anpassung), Songtempo, zu übenden Abschnitt et cetera ruckzuck anzupassen– ein Druck auf "Fortsetzen" genügt und es geht sofort weiter. Auch die Gitarre muss man deutlich seltener stimmen als bei der Originalversion. Allerdings zeigte sich der Tuner offenbar nicht nur bei uns auf der h-Saite überempfindlich.

Die Entwickler haben die Latenz der Audioausgabe minimiert, die tunlichst analog direkt aus dem PC oder der Konsole heraus erfolgen sollte. Selbst auf einem schwachbrüstigen Windows-Notebook konnten wir über Kopfhörer keine merkliche Latenz mehr feststellen.

Besitzer der alten Version können deren Songs mit dem "Rocksmith Disc Import Pack" übernehmen. Das muss man allerdings im Online-Shop für 10 Euro kaufen. Bereits für die selbe Plattform nachgekaufte Songs (DLC) importiert Rocksmith 2014 indes kostenfrei. Das klappte aber nicht mit allen gekaufen Stücken – einige fehlten vermutlich wegen nicht mehr erteilter Lizenzen. Die Songs gibt es auch nicht im Online-Shop von Rocksmith 2014, in dem man einzelne Tracks für 3 Euro und Song Packs ab 8 Euro erwerben kann.

Rocksmith ist für Xbox 360, PS3, Windows und erstmals auch für Mac OS X erhältlich. Unter Mountain Lion funktioniert das Spiel klaglos. Unter OS X 10.9 (Mavericks) ist es wegen eines Grafikfehlers momentan nur begrenzt spielbar. Nervig: Die PC-Version nutzt als Kopierschutz Steamworks, pflanzt Ubisofts eigenes Uplay aber noch oben drauf.

Für Windows und Mac kostet Rocksmith 2014 ohne "Real Tone Cable" 50 Euro, mit dem USB-Kabel 70 Euro; Konsolenspieler zahlen 65 respektive 80 Euro. Für 180 bis 200 Euro bekommt man das Rocksmith 2014 Bundle inklusive Gitarre (Epiphone Les Paul Jr.).

So sieht Rocksmith momentan unter OS X 10.9 aus.

Auch Rocksmith 2014 kann keinen richtigen Gitarrenlehrer ersetzen, macht seine Sache aber noch einmal besser als die Originalversion. Bis man ein Stück perfekt beherrscht, können schon einmal einige Stunden vergehen. Das ständig wachsende Song-Portfolio sorgt zudem für Dauermotivation... und für manche Micro Transaction im Online-Shop. Um aber wirklich die Ubisoft-Herausforderung "In 60 Tagen Gitarre lernen" zu meistern, muss man sich schon sehr intensiv mit dem Spiel auseinandersetzen. (vza)