Apple-Chef baut Firmenspitze um: iOS-Chef gefeuert

Apple-Konzernchef Tim Cook legt die kreative Verantwortung in die Hand von Designer Jony Ive. Nach dem misslungenen Start der Apple-Karten geht der Manager Scott Forstall, dem auch Ambitionen auf die Firmenspitze nachgesagt wurden.

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Von
  • Jürgen Kuri

Tim Cooks Management-Umbau betont die Rolle von Chefdesigner Jonathan Ive

(Bild: Apple)

Apples Design-Guru Jony Ive wird zur kreativen Schlüsselfigur für die Zukunft des Unternehmens. Ein massiver Umbau der Apple-Führungsspitze gibt ihm deutlich mehr Macht. Ive soll zusätzlich zur Design-Verantwortung konzernweit für die Schnittstellen zwischen Hardware und Benutzer und die Gestaltung der Software zuständig sein. Er rückt damit der kreativen Führungsrolle des verstorbenen Apple-Gründers Steve Jobs näher, während Konzernchef Tim Cook sich weiter ums Geschäftliche kümmert.

Dagegen geht der einflussreiche Chef der iOS-Softwareplattform für iPhone und iPad, Scott Forstall, nach dem misslungenen Start des ersten eigenen Kartendienstes von Apple. Zudem hat sich der aus Großbritannien geholte Chef der Apple Stores, John Browett, nur wenige Monate gehalten. Der größte Umbau der Chefetage seit Jahren zeigt, dass Cook die Zügel fest in der Hand hat.

Tim Cook hat die Zügel bei Apple fest in der Hand und baut nun die Führungsspitze um

(Bild: dpa, Christoph Dernbach)

"Wir sind in einer der produktivsten Phasen an Innovation und neuen Produkten in Apples Geschichte", meinte Cook zum Umbau der Apple-Führungsspitze, der die Zusammenarbeit zwischen den Hardware-, Software- und Dienste-Teams bei Apple stärken soll. Die Produkte, die man im September und Oktober eingeführt habe, vom iPhone 5 und dem iPad mini über iOS 6 bis hin zu den neuen iMacs und MacBook Pros, hätten nur bei Apple geschaffen werden können, betonte Cook. "Sie sind ein direktes Ergebnis unserer unnachgiebigen Konzentration auf die enge Integration von Hardware, Software und Diensten."

Der Brite Ive war seit der Rückkehr von Gründer Steve Jobs vor 15 Jahren für das Design der Apple-Geräte zuständig. Er hatte auch bisher schon eine Sonderrolle bei Apple: "Niemand kann ihm reinreden. Das habe ich so eingerichtet", sagte Jobs seinem Biografen Walter Isaacson. Zugleich soll es in den vergangenen Jahren immer wieder Spannungen zwischen Ive und Forstall gegeben haben, der mit iOS die Software-Plattform für die beiden wichtigsten Geräte von Apple verantwortete: iPhone und iPad. Ive, der mehrfach durchblicken ließ, dass er sich oft zu sehr im Schatten von Jobs fühlte, bekam jetzt in der Apple-Mitteilung eine ausdrückliche Würdigung.

Die Aufgaben Forstalls, der 2013 geht, werden zwischen mehreren Managern aufgeteilt. So wird der Chef der Online-Plattform iTunes, Eddy Cue, die Verantwortung für die Kartendienste und den persönlichen Assistenten Siri übernehmen.

Die eigenen Karten für iPhone und iPad, auf die Apple im Herbst mit dem Marktstart des iPhone 5 umstieg, hatten einige Kritik der Nutzer ausgelöst, weil sie zu fehlerhaft und ungenau sind. Tim Cook entschuldigte sich öffentlich dafür. Forstall trug als iOS-Chef auch die Verantwortung für den Kartendienst. Ihm wurden von Apple-Kennern Ambitionen auf den Chefposten nachgesagt. Das Magazin Bloomberg Businessweek bezeichnete ihn einmal als "Zauberlehrling" des legendären Apple-Gründers Steve Jobs. Laut US-Medienberichten lehnte Forstall es ab, Cooks Entschuldigungsbrief ebenfalls zu unterschreiben – und das soll das Fass zum Überlaufen gebracht haben.

Nun legt Apple die Verantwortung für seine beiden Betriebssysteme – iOS und Mac OS X – zusammen. Der bisherige OS-X-Chef Craig Federighi wird auch iOS übernehmen. Die Mac-Software hatte in den vergangenen Jahren immer mehr Anleihen aus der verwandten mobilen Version bekommen, auch weil iPhone und iPad mehr Nutzer als die Macs haben.

Hardware-Chef Bob Mansfield, der eigentlich Apple verlassen wollte und von Cook zum Bleiben überredet wurde, leitet künftig eine neugegründete Technologie-Sparte, die für Mobilfunk-Technik und Chip-Entwicklung zuständig sein wird.

Apple-Store-Manager Browett kam zu Apple Anfang dieses Jahres von der britischen Elektro-Handelskette Dixons und arbeitete zuvor beim Supermarkt-Konzern Tesco. Er war eine der ersten großen Personalentscheidungen von Tim Cook nach dem Tod von Gründer Steve Jobs vor gut einem Jahr. Browett sorgte relativ schnell für eine Kontroverse mit Sparplänen für die Apple Stores, die rasch zurückgenommen wurden. Nach einem Nachfolger für ihn werde bereits gesucht, bis dahin werde Cook selbst die Führung übernehmen, hieß es.

Vor Browett war das Apple-Imperium aus mehreren hundert durchgestylten Geschäften monatelang unbesetzt. Ron Johnson, der das Netz der Apple Stores aufgebaut und geleitet hatte, wechselte in den Chefsessel der amerikanischen Warenhaus-Kette J.C. Penney. Dort startete er einen radikalen Neuanfang, der zunächst einmal für tiefrote Zahlen sorgte.

[Update 30.10.2012 10:40 Uhr]: In einem von 9to5Mac veröffentlichten Schreiben an Apple-Mitarbeiter dankte Tim Cook kurz Scott Forstall für seine Leistungen und gab bekannt, dass Bob Mansfield – der neue Chef über die "Technologies"-Sparte – für zwei weitere Jahre im Unternehmen bleibe.

[Update 30.10.2012 15:25]: Ein weiterer Grund für den Rausschmiss von Scott Forstall soll laut US-Medienberichten auch der rüpelhaften Führungsstil gewesen sein, für den er bekannt war. Dieser sei bei Apple unter Tim Cook nicht mehr gefragt. Jobs konnte sich in seinem Haus vieles erlauben – Forstall als "Zauberlehrling" und "Mini-Jobs", der sogar das gleiche silberne Mercedes-Coupé fuhr, offenbar nicht. Der 43-Jährige habe sich noch jüngst bei Kollegen beschwert, dass es mit Jobs' Tod keinen "Entscheider" mehr bei Apple gebe, berichtet dpa. Jetzt wurde er eines Besseren belehrt. Und das soll laut US-Medien unter den Apple-Angestellten zu mehr als nur klammheimlicher Freude geführt haben. (mit Material von dpa) / (jk)