Bewerber unter der Social-Media-Lupe
Ein kalifornisches Startup-Unternehmen analysiert für Auftraggeber das Vorleben von Bewerbern auf sozialen Plattformen.
Dass Firmen über Bewerber oft mehr wissen wollen, als in den eingesandten Mappen steht, ist ein alter Hut. Auch Personalabteilungen haben zur Kenntnis genommen, dass es das Internet gibt und dass das Netz ein gutes Gedächtnis hat für alles, was darin so veröffentlicht wurde. Dazu gehören nicht zuletzt Frotzeleien in irgendwelchen Foren sowie möglicherweise peinliche Aktivitäten in Facebook & Co., die ein zunächst seriöses Bild eines Bewerbers unter Umständen beeinträchtigen können.
Wer selbst nicht genügend detektivischen Scharfsinn oder Internet-Kenntnisse besitzt, um solche Recherchen zu betreiben, kann das Auswerten von Einträgen auf sozialen Plattformen auch spezialisierten Dienstleistern überlassen. So bietet das im kalifornischen Santa Barbara ansässige Unternehmen Social Intelligence bereits seit einiger Zeit Firmen an, ihre Bewerber auf deren Social-Media-Vergangenheit der letzten sieben Jahre zu überprüfen. Der Dienstleister schickt seinen Auftraggebern nach Abschluss der Recherche ein ausführliches Dossier. Das führt alles auf, was sich zu der jeweiligen Person finden ließ – Günstiges wie Ungünstiges. Dort taucht also der vor Jahren errungene Kreispokal im Sackhüpfen ebenso aus wie die Fotos des stark alkoholisierten Kandidaten von der Erstsemesterfete. Auch Äußerungen verschiedenster Art werden aufgelistet, sofern sie sich der Person eindeutig zuordnen lassen.
Da Auftraggeber des US-Dienstleisters aus aller Welt kommen können, richtet sich das Angebot unter anderem auch an Firmen mit deutschen Standorten, somit können auch deutsche Bewerber betroffen sein. Eine Handhabe gegen das Anfertigen von Reports, wie sie Social Intelligence anfertigt, bietet das deutsche Recht nicht. Wenn Beobachtungen aus einem solchen Report mit zur Entscheidung eines Unternehmens beitragen, einen Bewerber abzulehnen, erfährt dieser im Normalfall gar nichts davon. Die Begründung, die er erhält, läuft stattdessen darauf hinaus, man habe sich für jemand anderes entschieden oder das Kompetenzprofil des Abgelehnten passe nicht hinreichend zu den Anforderungen der angebotenen Stellung. Selbst wenn sich nachweisen ließe, dass Facebook-Spionage bei einer Ablehnung im Spiel gewesen ist, müsste zudem die Voraussetzung erfüllt sein, dass die Informationen unter Verletzung der Persönlichkeitsrechte des Betreffenden gewonnen wurden, etwa durch Einschleichen in dessen virtuellen Freundeskreis. Erst dann hätte ein Betroffener eine – wenn auch kleine – Aussicht, zivilrechtlich erfolgreich dagegen vorzugehen.
Es bleibt also die übliche Empfehlung: Vertraue dem Internet – egal in welcher vermeintlich familiären Form – nichts an, was nicht auch ein künftiger Arbeitgeber/Ehepartner/Prozessgegner wissen dürfte. (psz)