Bundesregierung hält sich bei der Vorratsdatenspeicherung für unangreifbar
Seit Neujahr müssen auch Internetprovider die elektronischen Spuren ihrer Kunden sechs Monaten lang protokollieren. Den laufenden Verfassungsbeschwerden gegen die Maßnahme sieht Berlin offiziell gelassen entgegen.
An Neujahr ist die zweite Stufe der Vorratsdatenspeicherung in Kraft getreten. Demnach müssen nun auch Internetprovider die elektronischen Spuren ihrer Kunden sechs Monaten lang verdachtsunabhängig protokollieren. Dies betrifft vor allem die zugewiesene IP-Adresse, Beginn und Ende der Internetnutzung sowie die Anschlusskennung (DSL-Kennung oder Rufnummer). Beim E-Mail-Verkehr sind die Netzkennungen sowohl des Absenders als auch des Empfängers zu sichern, dasselbe gilt für die Internet-Telefonie (VoIP). Bei Telefonaten über Festnetz oder Mobilfunk müssen die Anbieter bereits seit Anfang 2008 die entsprechenden Verbindungs- sowie auch Standortdaten vorhalten. Bei einem konkreten Verdacht haben Sicherheitsbehörden Zugriff auf die bei den Providern liegenden Datenberge.
TK-Konzerne und Provider wie die Deutsche Telekom, Vodafone Arcor, 1&1, Versatel oder Kabel Deutschland sowie größere lokale Betreiber wie Hansenet, M-net htp aus Hannover oder NetCologne versicherten Ende vergangenen Jahres gegenüber c't, den Auflagen mehr oder weniger zähneknirschend Folge leisten zu wollen. Kleinere Zugangsanbieter oder Provider mit vielen Geschäftskunden, die bislang noch keine Anfragen zur Herausgabe von Bestandsdaten hinter verdächtigen IP-Adressen erhalten haben, dürften teils anders verfahren. Offiziell hat bislang nur der Internetdienstleister manitu aus St. Wendel erklärt, seiner "Linie der Nicht-Speicherung" auch 2009 zu folgen. Die Firma verwies dabei auf einen Beschluss des Berliner Verwaltungsgerichts. Dieses hatte BT Deutschland im Oktober aufgrund der fehlenden Regelung zur staatlichen Kostenerstattung vom Speicherzwang vorerst befreit.
Datenschützer kritisieren seit Langem, dass die Maßnahmen unverhältnismäßig in die Privatsphäre der Bürger eingreifen. Über 34.000 Bürger haben sich einer "Massenklage" gegen die Vorratsdatenspeicherung angeschlossen. Zudem haben Vertreter von Oppositionsparteien und die Gewerkschaft ver.di Verfassungsbeschwerde erhoben. Das Bundesverfassungsgericht hat den Zugriff auf die Vorratsdaten bereits eingeschränkt und wird in diesem Jahr das Hauptverfahren vorantreiben. Wie aus einer umfangreichen Stellungnahme der Bundesregierung dazu hervorgeht, die der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung gerade veröffentlicht hat, sieht sich Berlin aber auf verfassungsrechtlich vollkommen sicheren Terrain.
Einzelheiten zur Eingabe der Bundesregierung an das Bundesverfassungsgericht in c't Hintergrund:
(Stefan Krempl) / (anw)