DRIP: Großbritannien baut Überwachung mit Notstandsgesetz aus

Im Eilverfahren hat das britische Unterhaus ein Gesetz beschlossen, das der Regierung noch mehr Überwachung erlauben soll, auch im Ausland. Die Regierung hatte erklärt, man wolle lediglich die Vorratsdatenspeicherung beibehalten.

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An der Debatte selbst beteiligten sich nicht viele Abgeordnete.

(Bild: parliament.uk)

Mit überwältigender Mehrheit hat das britische Unterhaus an nur einem Tag ein Notstandsgesetz beschlossen, das Kritikern zufolge mehr Überwachung legitimiert. Nach einem Tag Debatte zwischen einigen wenigen Abgeordneten stimmten die drei großen Fraktionen der Tories, der Liberal Democrats und von Labour mit 449 Stimmen mehrheitlich für das Data Retention and Investigatory Powers Bill (DRIP). 33 Abgeordnete votierten dagegen und übten teilweise scharfe Kritik. Der Labour-Politiker Tom Watson etwa erklärte, das Parlament sei durch das im Eilverfahren durchgedrückte Gesetz beleidigt worden, zitiert der Guardian: "Das ist demokratisches Banditentum, das an einen Schurkenstaat erinnert."

Die britische Innenministerin Theresa May hatte das Vorgehen und das Gesetz verteidigt. Es handle sich um ein eng begrenzten Text, der nur dafür sorge, dass die Vorratsdatenspeicherung angesichts des Urteils des EuGH vom April weiterhin rechtmäßig sei. Wenn man das verzögere, "könnten Unschuldige ihr Leben verlieren." Yvette Cooper von der oppositionellen Labour-Party gestand ein, dass das Parlament durch das Eilverfahren in eine schwierige Position gebracht worden sei. Aber sie habe auch keinen Zweifel daran, dass das Gesetz notwendig sei und nicht bis zum Ende der parlamentarischen Sommerpause warten könne, verteidigte sie die Unterstützung ihrer Partei.

Vorratsdatenspeicherung

Bürgerrechtler und Juristen haben das Gesetz scharf kritisiert und der Behauptung widersprochen, bestehende Überwachungsrechte würden nicht erweitert. So schreibe DRIP fest, dass die britische Regierung Überwachungsersuchen an ausländische Unternehmen stellen kann, schreibt die Open Rights Group. Eine ganze Reihe britischer Experten für Internetrecht hatten außerdem darauf hingewiesen, dass von ausländischen Unternehmen sogar die Überwachung von Ausländern ohne Bezug zu Großbritannien gefordert werden könne. Außerdem erklärte die Open Rights Group, dass das Gesetz die Definition von Telekommunikationsdiensten stark erweitere, ohne das deutlich werde, wie weit genau.

Außerdem würde der Hauptkritikpunkt des Europäischen Gerichtshofs an EU-Regelung zur Vorratsdatenspeicherung ignoriert. So habe der EuGH geurteilt, dass die unterschiedslose Sammlung aller Vorratsdaten gegen grundlegende Rechte auf die Privatsphäre verstoße. Trotzdem schreibe DRIP die anlasslose Speicherung aller Vorratsdaten weiterhin vor. Weiterhin erklären die Bürgerrechtler, dass die Regierung zwar erklärt habe, Konzessionen an die Kritik des EuGH machen zu wollen. Davon finde sich aber nichts in dem erst vor wenigen Tagen vorgelegten Gesetzentwurf.

Auch Privacy International übt scharfe Kritik an dem Gesetz selbst und dem Eilverfahren, in dem es beschlossen wurde. So habe die Regierung drei Monate Zeit gehabt, um auf das Urteil des EuGH zu reagieren und nun habe sie ihre Antwort innerhalb weniger Tage durch das Parlament gerammt. Noch im Verlauf der Woche soll es auch das Oberhaus passieren und dann Gesetzeskraft erlangen. (mho)