Datenauswertung zur Bundestagswahl 2013: Reiche gingen wählen, Arme blieben zu Hause

Eine Studie der Bertelsmann Stiftung zeigt, wie wenig Einfluss das untere Drittel der Gesellschaft noch auf Wahlen nimmt. Die Studie beruht nicht nur auf Telefoninterviews und räumlichen Analysen, sondern bezieht auch Arbeitslosen- und Milieudaten ein.

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Von
  • Detlef Borchers

Nach Ansicht einer von der Bertelsmann-Stiftung mitfinanzierten Nichtwählerstudie ist das Wahlergebnis der Bundestagswahl 2013 verzerrt: Die oberen zwei Drittel Deutschlands hatten wesentlich mehr Einfluss auf das Wahlergebnis als das untere Drittel, das sogenannte "prekäre Milieu". Diese Aussage könne bis auf einzelne Stadtviertel spezifiziert werden, wie das Wahlbeteiligungsportal der Stiftung zeigt. Die Bundestagswahl 2013 sei deswegen nicht sozial repräsentativ.

Für sich genommen ist die Erkenntnis nicht neu, dass die 17 Millionen Deutschen, die in prekären Verhältnissen leben, weniger wählen gehen als gut verdienende Bundesbürger. Die Studie allerdings beruht nicht nur auf Telefoninterviews und räumlichen Analysen, sondern bezieht auch Arbeitslosen- und Milieudaten ein. Die soziale Spaltung in Deutschland sei mittlerweile gravierend.

Die Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung analysierten mit Hilfe des Zahlenmaterials der Wahlforscher von infratest dimap 640 repräsentative Wahlbezirke in 28 deutschen Großstädten und ländlichen Regionen. Dabei fanden sie heraus, dass die soziale Spaltung in Deutschland kein städtisches Problem mehr ist, sondern alle Regionen umfasst. "Die Ergebnisse der 640 bundesweit repräsentativen Stimmbezirke zeigen, dass auch in den ländlichen Gebieten die Wahlbeteiligung stark an den Sozialstatus gekoppelt ist", erklären die Wissenschaftler.

Die soziale Spaltung sei besorgniserregend, was das Wahlverhalten anbelangt. Noch 1998 habe die Differenz zwischen Stimmbezirken mit höchster und niedrigster Prozentbeteilung 19,1 Prozentpunkte erreicht, 2013 sind es 29,9 Prozentpunkte. Damit habe sich die Ungleichheit in der Wahlbeteiligung verdreifacht. Die Folge sei eine Tendenz zur "zunehmenden sozialen Spaltung unserer Demokratie", in der die Unterschicht praktisch nicht mehr wählen geht.

Nach den Angaben der Wissenschaftler soll die von der Bertelsmann-Stiftung finanzierte Studie die Defizite bisheriger Studien über Nichtwähler überwinden, die jeweils nur mit Telefoninterviews oder räumlichen Analysen arbeiteten. So habe man zusätzlich kommunale Arbeitslosendaten mit Milieudaten und anderen sozialräumlichen Indikatoren kombiniert, die das Marktforschungsinstitut microm geliefert habe. Über das mit den Ergebnissen gefütterte Portal können sich die Bewohner von 28 Städten informieren, wo die jeweils niedrigste und höchste Wahlbeteilung ermittelt wurde. So könne sich jeder ein Bild davon machen, wie Arbeitslosigkeit der Demokratie schade, heißt es bei der Bertelsmann-Stiftung. (kbe)