Digitaler Behördenfunk: Bund beziffert Milliarden-Ausgaben
Der BOS-Funk auf Tetra-Basis lieĂź nicht nur auf sich warten, sondern auch die Kassen bei den AusrĂĽstern klingeln. Von den fĂĽr zehn Jahre geplanten 3,5 Milliarden Euro wurde laut Bundesregierung schon ĂĽber ein Drittel ausgegeben.
Von den auf zehn Jahre im voraus eingeplanten 3,5 Milliarden Euro für das Rumpfnetz des digitalen Funksystems für Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) sind bis Anfang 2012 bereits 1,371 Milliarden Euro ausgegeben worden. Dies geht aus einer Aufstellung hervor, die die Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion (PDF-Datei) jetzt veröffentlicht hat.
Die von der Regierung vorgenommene Aufschlüsselung der Ausgaben ergibt ein erstes Lagebild, in wessen Hände die Aufwendungen für den Blaulichtfunk fließen: Mit 1,052 Milliarden Euro hat die EADS-Tochter Cassidian für den Ausbau des Rumpfnetzwerkes den Löwenanteil kassiert, gefolgt von 139,5 Millionen Euro für P3 Solutions, die das Gesamtnetz geplant hat. Den dritten Platz sicherte sich der TÜV Rheinland für die Projektsteuerung mit 70,2 Millionen Euro, während Alcatel-Lucent für den Betrieb des Rumpfnetzes bisher 70 Millionen Euro kassierte. Für die Bereitstellung des Kerntransportnetzes gehen von 2012 an jährlich 67 Millionen Euro an T-Systems; dieser Betrag dürfte in den kommenden neun Jahren kaum fallen.
In der Auflistung der Bundesregierung sind nicht die Kosten erhalten, die Länder und Kommunen für die Umstellung auf digitale Funkgeräte nach dem Tetra-Standard und für die Umrüstung der Leitstellen bezahlen müssen. Auch die Aufwendungen für die Inhouse-Funkversorgung großer Gebäude fehlen in der Aufstellung. Diese Mittel müssen die Immobilienbesitzer aufbringen. Entsprechende Auflagen für die "Objektversorgung" galten schon in der Zeit des analogen BOS-Funks: Etwa in Gestalt des vorbeugenden Brandschutzes, um sicherzustellen, dass die Retter innerhalb eines Hochhauses kommunizieren können, oder als Bauvorschriften für Tunnels.
Die Antwort der Bundesregierung auf die kleine Anfrage der Linksfraktion kommentiert Jan Korte, Vorstandsmitglied der Linken: Es sei absurd zu sehen, wie Milliarden für ein konzeptionell problematisches, störanfälliges und nicht wie versprochen abhörsicheres System ausgegeben würden. "Eines ist noch unzuverlässiger als die Auskünfte des VS in Sachen Rechtsextremismus, und das sind die finanziellen Voraussagen und Vorgaben der Bundesregierung bei High-Tech-Großprojekten. Beim digitalen BOS-Funk rächt sich einmal mehr, dass sich die Bundesregierung auch in diesem Fall gegen die Vorschläge zahlreicher Experten entschieden hat und stattdessen, wie bei der Maut, mit aller Macht ein möglichst überdimensioniertes System einführen wollte. Damit haben sie nicht nur die Kollegen bei ihren Einsätzen ohne ausreichende Technik im Regen stehen lassen, sondern auch Millionen durch den Schornstein gejagt." (ssu)