EU-Gipfel im Schatten des NSA-Überwachungsskandals

Die europäischen Staats- und Regierungschefs sehen sich mit immer mehr Forderungen konfrontiert, angesichts der Geheimdienstaffäre gegenüber den USA eine härtere Linie zu fahren und Verträge auszusetzen.

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Europäische Staats- und Regierungschefs geraten zunehmend unter Druck, angesichts der immer weitere Kreise ziehenden Geheimdienstaffäre eine härtere Linie gegenüber den USA zu fahren. Vertreter verschiedener Fraktionen appellierten an die am Donnerstag in Brüssel zum EU-Gipfel zusammengekommenen Regierungen, dem Votum des EU-Parlaments zu folgen und das SWIFT-Abkommen zur Weitergabe von Bankdaten an die USA auszusetzen. Als weiteres Druckmittel gelten die Verhandlungen über ein transatlantisches Freihandelsabkommen. "Jetzt ist es an der Zeit für Taten und nicht nur für Erklärungen", forderte eine Sprecherin von EU-Justizkommissarin Viviane Reding.

Die EU-Abgeordnete Nadja Hirsch (FDP) sieht die Bundeskanzlerin in die Pflicht, da die NSA wohl auch das Handy von Angela Merkel abgehört hat. Die Kanzlerin sollte jetzt zeigen, "dass sie sich wirklich um die Belange der Bevölkerung kümmert". Der Umfang des Zugriffs der NSA auf Daten europäischer Bürger müsse umgehend geklärt werden. Bis dahin dürften keine Überweisungsinformationen aus der EU an die USA gehen.

Der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Fraktion im EU-Parlament, Hannes Swoboda, will außer der SWIFT-Übereinkunft auch andere Verträge mit den USA auf Eis legen, die einen Austausch personenbezogener Informationen regelten. Der Innenexperte der Grünen im Bundestag, Konstantin von Notz, fordert darüber hinaus, die Verhandlungen über das Freihandelsabkommen mit den USA sowie weiterer Verträge auszusetzen.

Auch SPD-Chef Sigmar Gabriel stellt das Freihandelsabkommen in Frage. Dessen Abschluss sei kaum vorstellbar, wenn US-Geheimdienste Freiheitsrechte der Bürger gefährdeten, erklärte er nach einem Gespräch mit dem französischen Sozialistenchef Harlem Désir in Berlin. Der Sozialdemokrat drängte auf eine klare Antwort Europas auf die NSA-Bespitzelungsaffäre. Frankreich hatte sich bereits im Juli dafür stark gemacht, die Aufnahme der Handelsbesprechungen zu verschieben. Damals hatte Deutschland einen solchen Schritt noch verhindert. (vbr)