EU-Kommission präsentiert Leitlinien zur Glasfaser-Regulierung
Die Brüsseler Behörde hat ein Maßnahmenpaket verabschiedet, um die Einführung und Verbreitung "schneller und ultraschneller Breitbanddienste" voranzubringen. Es enthält unter anderem Zugangsregeln für Glasfasernetze.
Die EU-Kommission hat ein Maßnahmenpaket für die Einführung und Verbreitung "schneller und ultraschneller Breitbanddienste" verabschiedet. Es enthält unter anderem eine Verpflichtung für nationale Regulierungsbehörden, Wettbewerbern unter angemessenen Umständen den Zugang zu Glasfasernetzen der eingesessenen Betreiber zu öffnen. Die Empfehlung zu "Next Generation Access" (NGA) sieht vor, dass die Regulierer dabei mit einem Mix aus klassischen Auflagen und zusätzlichen Anreizen für ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Investitionen und der Wahrung des Wettbewerbs sorgen. Damit sollen Marktteilnehmer rechtssicherer arbeiten können.
Die Kommission schlägt in einem Fünfjahresplan vor, dass die EU-Mitgliedsstaaten bis 2012 die bereits in der EU technisch harmonisierten Bereiche des 900/1800-MHz-Band, das 2,5-GHz-Band sowie den Sektor zwischen 3,4 bis 3,8 GHz an Provider lizenzieren. Zusätzlich soll das 800-MHz-Band bis Anfang 2013 für die drahtlose Breitbandnutzung freigegeben werden. In Ausnahmen wird eine Übergangsfrist bis 2015 eingeräumt.
In einer Mitteilung über Breitbandnetze will die EU-Kommission Möglichkeiten aufzeigen, öffentliche und private Investitionen in Hoch- und Ultrahochgeschwindigkeitsnetze sinnvoll zu fördern. Die Mitgliedsstaaten sollen nationale Breitbandpläne für Hochgeschwindigkeits- und Ultrahochgeschwindigkeitsnetze ausarbeiten. Die EU-Kommission geht zudem darauf ein, wie Investitionskosten etwa durch die gemeinsame Nutzung von Leerrohren verringert und öffentliche Mittel eingesetzt werden können, etwa durch eine bessere Nutzung von EU-Mitteln. Darüber hinaus hat die Kommission zusätzliche Finanzierungsinstrumente für Breitbandnetze der Europäischen Investitionsbank angekündigt.
Die für die Digitale Agenda zuständige Kommissarin Neelie Kroes betonte, dass damit die von ihr im Mai präsentierten Vorgaben zur Vernetzung Europas vorankämen. Die "Digitale Agenda" sieht die Breitbandgrundversorgung aller EU-Bürger bis 2013 und den Zugang aller EU-Bürger zu superschnellen Netzen mit einer Geschwindigkeit von mindestens 30 MBit/s bis 2020 vor. Bis dahin soll mindestens die Hälfte der europäischen Haushalte über einen Breitbandzugang mit einer Geschwindigkeit von 100 MBit/s verfügen. Alle Mitgliedsstaaten müssen bei der Zugangsregulierung nun laut Kroes "die gleichen Maßstäbe anlegen". Nach Schätzungen der Kommission sind für den Ausbau des Breitbandnetzes in Europa zwischen 180 Milliarden und 270 Milliarden Euro erforderlich.
Der Verband European Competitive Telecommunications Association (ECTA), in dem die Herausforderer der Alt-Monpolisten versammelt sind, erwartet nun, dass die Bundesnetzagentur einen Regulierungansatz vorstellt, durch den das Glasfasernetz entbündelt wird, so wie es sich die EU-Kommission vorstellt. Damit könnten die von der großen Koalition beschlossenen "Regulierungsferien" für die Telekom endgültig beendet werden. Die Chancen einer "echten Marktliberalisierung" in Deutschland könnten somit zunehmen und Wettbewerber gestärkt werden. Ende 2009 hatte der Europäische Gerichtshof bereits die deutschen Bestimmungen im Telekommunikationsgesetz gekippt, nach denen neue Märkte grundsätzlich von der Regulierung durch die Bundesnetzagentur ausgenommen wurden. Auch der deutsche Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) begrüßte das EU-Konzept prinzipiell. Der Bundesrat wetterte dagegen jüngst gegen die Breitbandvorgaben aus Brüssel. Das Bundeswirtschaftsministerium wirbt unterdessen für verstärkte Kooperationen unter Konkurrenten, gerade in strukturell schwächeren Regionen.
Die Regulierungsbehörde hat zur Zusammenführung der Netzbetreiber und Provider bereits ein NGA-Forum eingerichtet. Dort sollten Lösungen für einen offenen Zugang zu Glasfasernetzen, Co-Finanzierung, Interoperabilität und die gemeinsame Nutzung von Infrastruktur gefunden werden, erklärte Iris Henseler-Unger von der Bundesnetzagentur vergangene Woche auf einer Breitbandkonferenz in Berlin. Dabei sei weniger die "klassische Regulierung" gefragt wie Auflagen zum Zugang zu Kabelverteiler und Leerrohren oder Schaltverteilern in ländlichen Gebieten als vielmehr freiwillige "Selbstverpflichtungen". (anw)