EU-Parlament durchleuchtet eigene Mitarbeiter vor Einstellungen

Beim Arbeitnehmerdatenschutz geht die Verwaltung des Abgeordnetenhauses mit ungutem Beispiel voran: Selbst die 1500 Assistenten mĂĽssen Blut- und Urinproben abgegeben. Beiersdorf will dagegen allgemeine Bluttests abschaffen.

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Die Verwaltung des EU-Parlaments geht beim Arbeitnehmerdatenschutz im eigenen Haus mit schlechtem Beispiel voran. Nach einem Bericht der Frankfurter Rundschau werden neben den im parlamentarischen Dienst beschäftigten Beamten auch sämtliche Mitarbeiter der Abgeordneten im Rahmen von strengen Einstellungstests durchleuchtet. Dabei müssen sie laut der Zeitung Blut- und Urinproben abgeben sowie eine Röntgen- und eine Herzuntersuchung per EKG über sich ergehen lassen. Dazu würden sie von einem Arzt im Rahmen des Checks mit intimen Fragen etwa nach eigenen Krankheiten wie Hämorrhoiden, Hautproblemen oder psychischen Störungen befragt. Auch Gebrechlichkeiten im Familien- und Verwandtenumfeld sollen genannt werden.

Die Praxis der intensiven Voruntersuchung, die rund 1500 in Straßburg und Brüssel beschäftigte Assistenten und wissenschaftliche Mitarbeiter betrifft, wird nicht von allen Volksvertretern gebilligt. Die der Linksfraktion angehörende EU-Parlamentarierin Cornelia Ernst etwa hält den Umfang der erfassten "hochsensiblen" Informationen weder für "erforderlich noch verhältnismäßig". Unter dem Deckmantel der gesundheitlichen Vorsorge sammele die EU-Verwaltung Datenberge über ihre Angestellten an. Dies sei ein Einfallstor für Diskriminierung. Zuvor hatte auch der EU-Datenschutzbeauftragte Peter Hustinx bereits gefordert, zumindest mehrere Fragen zu streichen. Zudem müssten Fristen zur Löschung der Angaben festgesetzt werden.

Ein Sprecher des Abgeordnetenhauses bestätigte das Vorgehen: Jeder, der im Parlament angestellt werden wolle, werde einmal auf Herz und Nieren geprüft. Das gleiche Prozedere gelte für alle Mitarbeiter. Basis dafür sei das sogenannte Assistenten-Statut, das im Sommer mit Beginn der neuen Legislaturperiode im EU-Parlament in Kraft getreten sei. Damit würden Mitarbeiter von Abgeordneten direkt der Parlamentsverwaltung zugeordnet, nicht mehr ihren direkten Vorgesetzten selbst. Dies solle ihre soziale Absicherung verbessern.

Der Hamburger Konzern Beiersdorf nimmt dagegen von allgemeinen Bluttests und Urinanalysen bei Bewerbern Abstand. Entsprechende Untersuchungen würden künftig nur noch vorgenommen, wenn dies konkrete Anforderungen im möglichen späteren Berufsfeld im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben oder berufsgenossenschaftlichen Empfehlungen vorgesehen sei, erklärte eine Sprecherin der Kosmetikfirma gegenüber der Welt. Dies betreffe beispielsweise Tätigkeiten in Labors. Zuvor hatte der Autobauer Daimler bereits angekündigt, nicht mehr bei allen Neubewerbern Blutproben zu verlangen. Datenschützer halten gängige Maßnahmen für Gesundheitstest bei Einstellungen seit Längerem für unzulässig. Im Bundestag gibt es angesichts der aufgekommenen Diskussion über derlei Verfahren verstärkte Bemühungen zur Schaffung eines Gesetzes zur Sicherung der Privatsphäre von Beschäftigten. (jk)