EU-Parlament fordert barrierefreie Webseiten im öffentlichen Sektor
Öffentliche Stellen und Körperschaften, die Aufgaben in deren Auftrag ausführen, sollen künftig ihre Webangebote für alle möglichen Nutzergruppen einschließlich Senioren oder Menschen mit Behinderung zugänglich machen.
Das EU-Parlament hat am Mittwoch in Straßburg in 1. Lesung einen Richtlinienentwurf der EU-Kommission mit einigen Änderungen verabschiedet, wonach Webseiten der Verwaltung der Mitgliedsstaaten und öffentlicher Dienstleister barrierefrei zu gestalten sind. Die Abgeordneten wollen von dieser Auflage ausdrücklich auch Live-Audioinhalte neben Texten, Bildern oder anderen multimedialen Dateien erfasst sehen. Darüber hinaus sollen die Anforderungen für Netzdienste, Verkehr, Tourismus und Kultur, wichtige Nachrichtenseiten und Mediatheken, Angebote von Banken und Versicherungen sowie das Sozial- und Gesundheitssystem gelten.
"Das Internet ist ein wesentliches Instrument für den Zugang zu Informationen und Bildung und für gesellschaftliche Teilhabe", heißt es zur Begründung. Die angestrebte Barrierefreiheit sei daher "im Sinne der sozialen Inklusion" wichtig. Insgesamt verfügt der öffentliche Sektor in der EU laut Parlamentsangaben derzeit über mehr als 761.000 Webseiten mit Informationen oder Dienstleistungen. Davon entspreche bislang aber nur ein Drittel internationalen Standards für einen barrierefreien Zugang.
Die EU-Staaten sollen nach dem Wunsch der Parlamentarier nun Grundsätze aufstellen, die beim Entwickeln der betroffenen Webseiten zu beachten sind. Dabei seien "Wahrnehmung, Navigation, Nutzung, Interaktion und Verständnis von Benutzern" zu verbessern sowie gegebenenfalls helfende Anwendungen zu programmieren. Die Mitgliedstaaten sollen künftig schon bei der Ausschreibung von Website-Inhalten auf die Anwendung von angemessenen und vollständig kompatiblen Barrierefreiheitsanforderungen achten. Die nationalen Regierungen sollen jeweils eine zuständige Behörde als "Durchsetzungsorgan" einrichten.
Hinzugefügt haben die Abgeordneten einen Absatz, wonach "die Garantie der Netzneutralität entscheidend dafür ist, dass Websites des öffentlichen Sektors barrierefrei zugänglich sind und es auch in Zukunft bleiben". Behörden der Mitgliedstaaten sollten dem Entschluss nach verlangen können, dass bestimmte Online-Angebote auf in der EU befindlichen Servern betrieben werden. Dies sei wichtig, um Spionage oder Datenlecks zu vermeiden und sicherzustellen, dass Dritte von außerhalb "nicht sicherheitsrelevante Dienste abschalten können". Der EU-Rat muss sich zum dem Vorstoß noch positionieren. (mho)