EU-Staaten verlangen neuen Anlauf zur Vorratsdatenspeicherung
Eine Mehrheit der Delegationen im EU-Rat hat die EU-Kommission aufgefordert, eine neue Gesetzesinitiative zum anlasslosen Protokollieren von Nutzerspuren zu starten. In ihren Ländern halten sie das Instrument weiter für zulässig.
Sämtliche EU-Mitgliedsstaaten sehen sich in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) nicht an einer nationalen Vorratsdatenspeicherung gehindert. Sie seien sich einig gewesen, dass Verbindungs- und Standortdaten weiter "massenhaft" in "allgemeiner Form" aufbewahrt und Strafverfolgern zugänglich gemacht werden dürften, heißt es in einer Erklärung zum jüngsten Ratstreffen der Justiz- und Innenminister Ende vergangener Woche in Brüssel.
"Fragmenthafte Vorratsdatenspeicherung"
Die Mehrheit der nationalen Regierungen hält es demnach auch für nötig, wieder eine EU-weite Grundlage zum anlasslosen Protokollieren von Nutzerspuren zu schaffen, damit es nicht weiter "fragmenthaft" geschieht. An die EU-Kommission appelliert die Mehrheit der Mitgliedsstaaten daher, ein neues Gesetz auf den Weg zu bringen.
Von der EU-Staatsanwaltschaft Eurojust und der luxemburgische Präsidentschaft nach eigenen Angaben angehörte "Experten" hatten vor der Ratssitzung betont, die Effizienz der Strafverfolgung auf nationaler Ebene werde durch die Fragmentierung beeinflusst. Es gebe etwa Probleme, Telekommunikationsdaten als Beweismittel vor Gericht heranzuziehen sowie bei der grenzüberschreitenden Justizkooperation.
Jeder Staat auf sich gestellt
Der EuGH hatte die frühere EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung im April 2014 für nichtig erklärt und angezweifelt, ob eine anlasslose Datensammlung und Massenüberwachung überhaupt mit der Grundrechtecharta vereinbar sei. Die Richter warnten, dass damit "sehr genaue Schlüsse auf das Privatleben" Betroffener gezogen werden könnten.
Im März hatte Martin Selmayr, Kabinetts-Chef von Präsident Jean-Claude Juncker, hervorgehoben, dass die EU-Kommission keinen neuen Gesetzesvorschlag zur Vorratsdatenspeicherung plane. Jeder Mitgliedsstaat sei hier auf sich selbst gestellt. Seitdem hat sich an dieser Front wenig getan. Binnenmarktkommissarin Elżbieta Bieńkowska kritisierte vielmehr den Gesetzentwurf der Bundesregierung zu einer neuen Vorratsdatenspeicherung, der inzwischen Bundestag und Bundesrat passiert hat und alsbald in Kraft treten könnte. (anw)