EU und Kanada wollen Copyright schärfer durchsetzen

Brüssel und Ottawa arbeiten an einem gemeinsamen Handelsabkommen, das weitgehende Bestimmungen zum Kampf gegen Produktpiraterie und zur beidseitigen Durchsetzung der Rechte an immateriellen Gütern enthält.

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Die EU und Kanada arbeiten an einem gemeinsamen Handelsabkommen, das weitgehende Bestimmungen zum Kampf gegen Produktpiraterie und zur beidseitigen Durchsetzung der Rechte an immateriellen Gütern enthält. Dies geht aus dem Entwurf für ein "Canada-EU Comprehensive Economic and Trade Agreement" (CETA) hervor, dessen Kapitel zum Schutz "geistigen Eigentums" auf der anonymen Veröffentlichungsplattform Wikileaks aufgetaucht ist. Das Dokument deckt einen breiten Bereich ab, der sich neben Copyright etwa auch auf Patente oder Markenzeichen erstreckt. Ziel soll es sein, bereits bestehende internationale Vereinbarungen wie das TRIPS-Übereinkommen der Welthandelsorganisation (WTO) zu ergänzen und näher auszuführen.

Konkret angesprochen werden unter anderem Maßnahmen bei der Grenzkontrolle zur Beschlagnahme von Fälschungen, Schadensersatzansprüche und Haftungsfragen. Für Zugangsanbieter zum Internet gibt das Papier im Großen und Ganzen die Privilegien aus der E-Commerce-Richtlinie der EU wieder. Eine allgemeine Kontrollpflicht über die transportierten Daten wird demnach nicht festgesetzt, Haftung erfolgt erst nach Kenntnisnahme illegaler Inhalte. Trotzdem sollen Rechteinhaber Verpflichtungen für Provider aufstellen dürfen, dass diese zeitnah beim Bemerken illegaler Aktivitäten die zuständigen Behörden alarmieren. Daraus könnte eine Notwendigkeit zur anlasslosen Durchleuchtung des Netzverkehrs abgelesen werden.

Für Rundfunksender und andere Inhalteanbieter etwa übers Internet stellt der Text zudem als Bedingung für die Erlaubnis einer kurzzeitigen Vervielfältigung und Reproduktion eines geschützten Werkes auf, dass es sich um eine "rechtmäßige Nutzung" den entsprechenden Inhalts handeln müsse. Bei Wikileaks fürchtet man, dass Content-Hostern in diesem Fall eine Überwachungspflicht aufgedrückt würde und diese als Hilfspolizisten in Anspruch genommen werden sollten.

Die Möglichkeit, eine konsequente Durchsetzung der Rechte an immateriellen Gütern zu verlangen, spricht der Entwurf jeder einschlägigen "professionellen Verteidigungseinrichtung" und Verwertungsgesellschaften zu. Diese sollen von Rechtsbehörden die Verhängung einstweiliger Verfügungen erwirken können, um die Fortdauer einer Rechtsverletzung zu unterbinden. Als Adressaten einer entsprechenden Unterlassungserklärung werden auch Dritte wie Provider angesehen, deren Dienste für einen Verstoß etwa gegen das Urheberrecht genutzt werden. Eine Unterscheidung zwischen einer rechtswidrigen kommerziellen oder privaten Nutzung macht das Papier an diesem Punkt nicht. Eine solche soll sich nur bei schärferen Sanktionen wie der Beschlagnahme von Gütern oder Hilfsgeräten oder dem Einfrieren von Konten bemerkbar machen.

Bei der Bemessung von Schadensersatzansprüchen könnten laut dem Entwurf die "negativen schädlichen Auswirkungen einschließlich entgangener Gewinne" als Grundlage herangezogen werden. Die Entschädigungen dürften pauschal auf Basis von Hausmarken wie der geringsten Lizenzgebühr berechnet werden, die ein Nutzer für die rechtmäßige Nutzung eines Werks hätte zahlen müssen. Der Teil zu möglichen Strafvorschriften zur Durchsetzung der Rechte an immateriellen Gütern, die auf europäischer Ebene seit Langem heftig umkämpft sind, wird in dem auf Ende September datierten Papier noch nicht ausgeführt.

Nicht zuletzt ĂĽbernimmt der VorstoĂź die Bestimmungen zum rechtlichen Schutz von Systemen zum digitalen Rechtekontrollmanagement (DRM) aus dem Copyright-Abkommen der Weltorganisation fĂĽr geistiges Eigentum (WIPO) von 1996. Diese hat die EU mit der Copyright-Richtlinie von 2001 bereits umgesetzt. Teil ist eine Klausel, wonach Werbung fĂĽr Werkzeuge zum Knacken technischer Kopierschutzvorkehrungen verboten werden soll.

Die EU und Kanada sind auch Verhandlungspartner am geplanten internationalen Abkommen gegen Produktfälschungen ACTA. Inwieweit die Gespräche über eine gesonderte bilaterale Vereinbarung zwischen Brüssel und Ottawa Vorarbeit auch für dieses besonders umstrittene, Mittel wie die Einführung einer "abgestuften Antwort" auf Copyright-Verstöße im Internet umschreibende Anti Counterfeiting Trade Agreement leisten sollen, ist derzeit nur Gegenstand von Mutmaßungen. (jk)