Frankreichs Nationalversammlung segnet Netzsperren ab
Ein umfangreiches Gesetzespaket zur inneren Sicherheit sieht unter anderem vor, dass Provider künftig auf Anweisung der Behörden den Zugang zu Kinderpornografie sperren müssen.
Die französische Nationalversammlung hat Teile des geplanten Gesetzespakets zur inneren Sicherheit verabschiedet. Die Abgeordneten segneten unter anderem das Vorhaben ab, kinderpornografische Inhalte im Netz zu blockieren. Im Rahmen des "Loppsi 2" genannten Pakets (Loi d'orientation et de programmation pour la performance de la sécurité intérieure) sollen Provider auf Anordnung der Behörden und mit Billigung eines Richters entsprechende Webseiten für den Zugriff sperren. Gegner hatten zuvor vergeblich versucht, die von der Regierung eingebrachte Vorlage zumindest zeitlich zu begrenzen, um dann mit Erkenntnissen über die Effektivität neu entscheiden zu können.
Damit bekommt Frankreich ein Netzsperrengesetz, während hierzulande die von der großen Koalition verabschiedete Regelung von der neuen christlich-liberalen Regierung zugunsten eines effektiveren Gesetzes wieder abgewickelt werden soll. Wie in Deutschland erhebt sich auch in Frankreich scharfe Kritik gegen das Vorhaben, die sich nicht auf die Maßnahmen gegen Kinderpornografie beschränkt. Loppsi 2 sieht weitreichende Regelungen auch in anderen Bereichen vor, etwa bei Fälschungsdelikten, Identitätsdiebstahl oder Einbruch. Dabei geht es auch um mehr Videoüberwachung, höhere Strafen für betrunkene Autofahrer oder mögliche Ausgangssperren für unter 13-Jährige.
Das Gesetz, das vom Senat noch abgesegnet werden muss, soll auch Websites verbieten, die Kinder zu selbstmörderischen Spielen anregen. In den vergangenen 13 Jahren hätten sich in Frankreich etwa 300 Kinder bei Ohnmachts- oder Würgespielen getötet, betonten die Autoren der Gesetzesänderung. Besonders gefährdet seien Kinder außerhalb der Schule und wegen entsprechender Internet-Anleitungen. Die Spiele gelten entweder als Mutprobe oder reizen Kinder, weil sie sich durch Strangulieren in einen tranceähnlichen Zustand versetzen können. Das Verbot richtet sich auch gegen Spiele, die zu aggressivem Verhalten animieren, etwa Schikane- oder Kampfspiele.
Bürgerrechtler sehen in den Netzsperren einen Einstieg in die Zensur. "Diese Regelung erlaubt es der französischen Regierung, die Kontrolle über das Netz zu übernehmen", kritisiert etwa die Gruppe "La Quadrature du Net". Den Kritikern gilt nun die deutsche Regierung als Vorbild, weil diese ein ähnlich gelagertes Gesetz wegen der Zweifel an der Effektivität von Sperren gekippt habe und nun an die "Wurzel des Problems" gehen wolle. "Der Schutz der Kinder wird von Nicolas Sarkozy und [Innenminister] Brice Hortefeux schamlos instrumentalisiert, um eine Regelung durchzusetzen, mit der die Tür für Zensur und weitere schlimme Folgen aufgestoßen wird", erklärt Quadrature-Sprecher Jérémie Zimmermann.
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(vbr)