GDC: Das Spielzeug von morgen und übermorgen

Menschen in Hamsterbällen, Drohnen mit iPod-Steuerung und Gehirnwellen, die Feuerwerksraketen zünden: Auf der GDC-Ausstellung kann man heute schon die Spielzeuge von morgen und übermorgen bestaunen.

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Das Mindset von Neurosky holt angehende Jedi-Ritter schnell auf den Boden der Tatsachen zurück.

Schon lange experimentieren Hersteller mit der Gehirnwellensteuerung von Videospielen. Die scheinbare Gedankenkontrolle beruht auf dem Konzept der Elektroenzephalographie (EEG), bei der Gehirnwellen auf verschiedenen Frequenzbändern aufgezeichnet werden. Die so genannten Alpha-Wellen zwischen 8 und 13 Hz ordnet man der Entspannung zu, während Gamma-Wellen oberhalb von 30 Hz besonders stark in Konzentrationsphasen auftreten. Im medizinischen Bereich benötigt man relativ empfindliche und teure Sensoren, um die Wellen aufzuzeichnen, und es braucht ein geübtes Auge, um die Ergebnisse richtig zu interpretieren – folglich sollte man die Erwartungen an günstige Spielzeuglösungen nicht zu hoch schrauben.

Nachdem Neurosky einen relativ günstigen Kopfhörerbügel produzierte und den Spielzeughersteller Mattel für Mindflex ins Boot holen konnte, hat der Hersteller jetzt mit dem Verkauf seines Mindset-Controllers für Computerspiele begonnen. Für 200 Dollar bekommt der Spieler einen Kopfhörer mit vier Elektrosensoren, die Gehirnwellen im Alpha- und Gamma-Band sowie Augenzwinkern registrieren. Ziel in der mitgelieferten Steuerungssoftware ist es, einen Zustand höchster Entspannung bei gleichzeitiger Konzentration zu erreichen. Je besser dies klappt, desto höher sollen im mitgelieferten Spiel Feuerwerksraketen fliegen, die man mit einem Augenzwinkern explodieren lassen kann. Bei einem ersten Test auf der Game Developers Conference in San Francisco reagierte das System auf das Augenzwinkern zwar relativ genau, die Gehirnwellen schienen jedoch völlig willkürlich auszuschlagen, egal ob der Schreiber dieser Zeilen sich konzentrierte oder entspannte.

Parrots AR.Drohne soll noch in diesem Jahr abheben.

Besser ließ sich da schon die AR.Drone des französischen Herstellers Parrot steuern. Die AR.Drone ist ein Modellbau-Helikopter mit vier Rotoren, zwei Kameras und Höhenmesser, die einen ruhigen Flug selbst bei leichtem Wind erlauben sollen.

DieSteuerung der AR.Drohne läuft über einen iPod Touch, auf dem der Spieler virtuelle Roboter jagt.

Über den eingebauten WiFi-Empfänger nimmt ein iPod touch oder iPhone Kontakt zur Drohne auf. Damit lässt sie sich nicht nur steuern. Die Frontkamera mit VGA-Auflösung erkennt verschiedene Farbflächen der Umgebung, auf denen im AR.Drone-Videospiel, das auf dem iPhone läuft, riesige virtuelle Roboter projiziert werden, die der Spieler abschießen muss. Dabei ist Eile geboten, denn der Akku hält nur 15 Minuten durch und muss anschließend 90 Minuten lang aufgeladen werden. Parrot will das High-Tech-Spielzeug noch in diesem Jahr auf den Markt bringen und steht in Verhandlungen mit Spiele-Entwicklern. Über einen Preis schwieg sich der Hersteller aus.

In naher Zukunft sicherlich unerschwinglich für Privatleute ist die Virtusphere. Der Spieler setzt sich eine Brille mit zwei kleinen LC-Displays auf und klettert in eine riesige Plastikkugel, die sich bei jedem Schritt frei drehen kann. An der Unterseite tastet eine gewöhnliche Maus die Drehungen ab und übersetzt sie in Bewegungen in einem Ego-Shooter, der auf einem Laptop läuft. Auf den LC-Displays sieht der Spieler die Videoausgabe und muss mit einer Sensor-Waffe Aliens abschießen.

Die Neugier außerhalb der Virtusphere weicht schnell der Verwirrung, sobald man die Plastikkugel betreten hat.

Was auf dem Papier wie ein gelungener Simulator mit virtueller Umgebung aussieht, wurde in der Praxis miserabel umgesetzt. Die LC-Displays sind viel zu klein und schließen nicht ab, sodass kein stereoskopischen Bild geschweige denn der Eindruck einer überzeugenden virtuellen Umgebung entsteht. Die Kugel dreht sich zu schwer, sodass man sich bei jedem Schritt nach vorne lehnen muss, was den Eindruck freier Beweglichkeit auf einer Ebene zunichte macht. Und der Ego-Shooter ist selbst für Demonstrationszwecke zu schlecht programmiert. Virtusphere will sein System unter anderem an Hotels in Las Vegas verkaufen. Bis zur kommerziellen Reife haben die Entwickler aber noch viel Arbeit vor sich. (hag)