Gedämpfte staatliche Auskunftsfreude
Die Bundesregierung gibt sich mit der Umsetzung des Informationsfreiheitsgesetzes zufrieden und ignoriert bislang Open Data als offene Standards für den freien Zugang zu Informationen.
Die Einführung des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) vor vier Jahren hat eine Jahrhunderte alte Behördenpraxis auf den Kopf gestellt. Galt bislang grundsätzlich das Amtsgeheimnis, muss die Verwaltung nun einen Grund anführen, wenn sie einem Bürger Informationen vorenthält. Denn der hat ein Recht auf Akteneinsicht. Dass dieser Kulturwandel in den Amtsstuben mit schweren Anlaufschwierigkeiten erfolgt, davon geht die Fraktion der Bündnisgrünen im Bundestag aus.
In ihrer kleinen Anfrage (17/297) zur "Informationsfreiheit als Zukunftsaufgabe" kritisiert die Fraktion, dass "sich viele Stellen nach wie vor schwer damit" täten, "das Gesetz angemessen umzusetzen und sich von dem überkommenen Grundsatz einer alles erfassenden Amtsverschwiegenheit zu verabschieden". Die Praxis sei "oftmals restriktiv", berechtigte Anfragen würden "vielfach" mit Berufung auf gefährdete Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse abgelehnt. Eine sorgfältige Prüfung der Einlassungen fände "oftmals nicht" oder "sehr oberflächlich" statt. Einzelne Behörden gäben sogar Unterlagen bewusst aus der Hand, um so den Informationsanspruch zu unterlaufen. Belege dafür findet sie auch in der Statistik – demnach sei die Anzahl der Anfragen zwar gestiegen, die bewilligten Auskünfte seien jedoch "deutlich" zurückgegangen.
In ihrer kürzlich veröffentlichten Antwort (17/412) weist die Regierung diesen Eindruck zurück. Ausnahmevorschriften seien grundsätzlich eng anzuwenden. Es gebe "keine Belege" dafür, dass der Ausnahmegrund "Betriebs- und Geschäftsgeheimnis" nicht sachgerecht angewandt worden wäre. Die Statistik interpretiert die Regierung ebenfalls anders: So ließe sich aus den Zahlen keine generelle Aussage ableiten: "Jede Entscheidung hängt von den spezifischen Fragestellungen im Einzelfall ab." Die gestiegene Zahl der Ablehnungen reflektiere lediglich, dass es mehr Anträge gab, die Ausnahmegründe berührten.
Obgleich der Antrag der Union zur Einrichtung einer Bundestagsenquête zu den gesellschaftlichen Auswirkungen des Computerzeitalters auch das eng mit dem Thema der Informationsfreiheit verbundene Thema "Open Data" anspricht, greift die Bundesregierung dies in ihrer Antwort nicht auf. Allerdings hatten auch die Bündnisgrünen nicht ausdrücklich danach gefragt, sondern sich lediglich nach einer "Verbesserung der Internetpräsenzen" erkundigt. Open Data ist ebenfalls noch nicht ausdrücklich auf der Agenda der Informationsfreiheitsbeauftragten des Bundes und der Länder. Diese hatten Mitte Dezember nicht nur die Zusammenführung der bisher zersplitterten Regelungen zum Informationszugang der Bürgerinnen und Bürger gefordert, sondern sich auch für "ein Höchstmaß an Transparenz und Bürgerfreundlichkeit" ausgesprochen, dabei jedoch die speziellen Anforderungen von Open Data nicht thematisiert.
Bei Open Data geht es darum, Daten in einer maschinenlesbaren Form zur Verfügung zu stellen, sodass die Daten etwa über Widgets sinnvoll ausgewertet werden können. Bürger könnten beispielsweise abfragen, welche Abfälle in ihrem Umkreis in Gewässer eingeleitet oder deponiert wurden. Vorreiter in Sachen Open Data sind die USA. US-Präsident Barack Obama ließ Behördendaten über die Website Data.gov frei geben. Open-Source-Programmierer entwickelten darauf hin im Rahmen einer Gov-2.0-Challenge erste "Apps for America". Eine zivilgesellschaftliche Initiative will erstmals in Deutschland eine derartige Challenge austragen. Der Verein Open Data Network kündigte an für die "Apps4Democracy Deutschland" im April in Berlin ein Treffen zu organisieren. Spätestens dann wird sich herausstellen, ob sich mit den derzeit verfügbaren Daten bereits etwas auf die Beine stellen lässt.
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