Gericht untersagt Hersteller-Verkaufsverbote auf Internetmarktplätzen

Laut einem Urteil des Landgerichts Kiel dürfen Hersteller ihren Händlern vertraglich den Verkauf ihrer Produkte über Internetplattformen nicht verbieten. Geklagt hatte das Kartellamt, das in diesem Vorgehen eine Wettbewerbsbeschränkung sah.

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Von
  • Robert Höwelkröger

Das Landgericht Kiel hat in einem Urteil vom 8. November 2013 (Az. 14 O 44/13) das pauschale Verbot des Verkaufs auf Internetmarktplätzen in Händlerverträgen für wettbewerbswidrig erklärt. Die Wettbewerbszentrale hatte das Musterverfahren gegen einen Markenhersteller von Digitalkameras angestrengt, der Händlern vertraglich untersagt hatte, seine Produkte auf Internetmarktplätzen zu verkaufen. Während die Kläger darin eine rechtswidrige Wettbewerbsbeschränkung sehen, argumentiert der Hersteller mit Qualitätssicherungsmaßnahmen.

Das Gericht untersagte dem beklagten Hersteller, mittels Händlervertragsklauseln den Verkauf über Internetplattformen Dritter (wie beispielsweise Amazon, Hitmeister oder eBay) zu verbieten. Zudem verhängte es im Falle der Zuwiderhandlung ein festzusetzendes Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro. Das Landgericht führt in der Begründung unter anderem aus, durch die Klauseln "seien die Händler daran gehindert, nach ihrer Wahl Kunden zu erreichen." Es handle sich um "eine Beschränkung des Vertriebsweges." Zudem "liege eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung vor, durch die insbesondere kleineren, nicht besonders finanzstarken Partnern der Zugang zum E-Commerce praktisch verwehrt werde."

Weiter heißt es in dem Urteil: "Auf Internetauktionsplattformen und Internetmarktplätzen wie Amazon Marketplace oder eBay findet ein besonders intensiver Wettbewerb zwischen den Händlern statt, sogenannter 'intra-brand-Wettbewerb'. Mit dem an die autorisierten Händler gerichteten Verbot, über diese Märkte zu verkaufen, wird dieser Wettbewerb eingeschränkt. Zum einen findet auf Online-Handelsplattformen ein sehr lebhafter Preiswettbewerb statt, so dass Plattformverbote zu einer unmittelbar korrespondierenden Reduzierung dieses Preisdrucks führen. Durch ein Verbot der Nutzung von Internetplattformen und Internetmarktplätzen besteht die Gefahr für kleinere Händler, am Online-Vertrieb nicht teilnehmen zu können. Denn mit der Einrichtung und Betreuung eines gleichwertigen eigenen Online-Shops sind erhebliche finanzielle und zeitliche Investitionen verbunden."

Wenn das beklagte Unternehmen keine Berufung einlegt, sollte das Urteil in den nächsten Tagen rechtskräftig werden. Markenhersteller dürfen damit ihren Händlern nicht verbieten, Produkte über Internetmarktplätze zu verkaufen. Auch die Wettbewerbszentrale in Berlin äußerte sich zu dem Urteil: "Unser Anliegen war es, mit dem Verfahren Rechtsklarheit für Industrie und Handel herbeizuführen, ob der Vertrieb von Waren über Internetplattformen ausgeschlossen werden kann. Mit dem Urteil haben Industrie und Handel einen Baustein für die Gestaltung ihrer Lieferbeziehungen."

Zuletzt sorgten Markenhersteller immer wieder für Schlagzeilen, da sie Online-Händlern untersagten, Ihre Waren über Internetmarktplätze zu verkaufen. Hersteller schrieben den Händlern immer häufiger vor, unter welchen Voraussetzungen und zu welchen Konditionen Waren im Internet angeboten werden. So hatte Adidas beispielsweise Amazon verboten, die Markenware anzubieten. "Beinahe die Hälfte aller Markenhersteller hatten oder haben Klauseln in ihren Lieferbedingungen, die den Verkauf auf Plattformen wie Hitmeister untersagen oder erschweren", kommentiert Gerald Schönbucher, Geschäftsführer des deutschen Internetmarktplatzes Hitmeister. "Firmen wie Adidas, Nike oder Jack Wolfskin, sind nur einige Beispiele im Zusammenhang mit dieser für den Onlinehandel gefährlichen Entwicklung."

Hersteller geben an, mit diesen Verkaufsbeschränkungen ihre Preishoheit wahren und ihre Marke schützen zu wollen. Zudem soll so eine "Verramschung" ihrer Produkte, ausgelöst durch den großen Preisdruck, verhindert werden. Für Online-Händler bedeuten die Verbote oftmals hohe Umsatzeinbußen, Einschränkung des Wettbewerbs und Gefährdung der Existenzgrundlage. (roh)