Glasfaserausbau hat für die Bundesregierung keine Priorität
"Wir brauchen nicht sofort überall FTTH", sondern sämtliche Technologien wie Kabel und LTE, erklärte Regierungsdirektor Frank Krüger vom Bundeswirtschaftsministerium auf der Messe für Glasfasertechnik BEL2 im Wissenschaftspark Berlin-Adlershof.
Die Bundesregierung will sich nicht verstärkt für den Breitbandausbau mit Glasfaseranschlüssen bis in die Haushalte (FTTH) einsetzen. Das hat der Referent für Grundsatzfragen der Telekommunikationspolitik im Bundeswirtschaftministerium (BMWi), Regierungsdirektor Frank Krüger, klargestellt. "Wir brauchen nicht sofort überall FTTH", sondern sämtliche Technologien wie Kabel und LTE, erklärte Krüger auf der zweitägigen Messe für Glasfasertechnik BEL2 im Wissenschaftspark Berlin-Adlershof. Zwar werde auf lange Sicht wohl alles auf eine glasfaserdominierte Infrastruktur hinauslaufen, "aber das sicherlich nicht bis 2018 oder 2020". Die Bundesregierung setze auf "Wettbewerb und Technologieneutralität" als die wesentlichen Treiber der Entwicklung.
In seiner Zwischenbilanz zur Breitbandstrategie der Bundesregierung zeigte sich der BMWi-Regierungsdirektor mit dem bisher Erreichten zufrieden. "In der Grundversorgung" – gemeint sind Anschlussraten von mindestens 1 MBit/s – "sind wir mit 98,5 Prozent der Haushalte eigentlich relativ weit". Nach den Zielen der Bundesregierung sollen bis 2014 für 75 Prozent der Haushalte Anschlüsse mit Übertragungsraten von mindestens 50 MBit/s zur Verfügung stehen. Derzeit liegt der Anteil der bundesdeutschen Haushalte, die mit 50 MBit/s und mehr angeschlossen werden können, nach seinen Angaben bei über 35 Prozent. Als "sehr gut" bezeichnete er die Entwicklung der Breitbandnutzung: Gegenwärtig gingen 26,2 Millionen Bundesbürger breitbandig ins Internet. Im europäischen Vergleich befinde sich die Bundesrepublik damit auf dem fünften Platz – für Krüger "ein klares Signal, dass wir durch Wettbewerb eine gute Position erreicht haben".
Ziel der Breitbandstrategie sei nicht, möglichst schnell FTTH zu verbreiten, sondern ausreichende Bandbreiten zu erzielen, erläuterte der BMWi-Vertreter. Im Vordergrund stehe "zunächst die Grundversorgung", und im nächsten Schritt dann "die hohe Bandbreite in die Fläche". Beim Glasfaserausbau werde dieses Vorgehen allerdings zu einer Asymmetrie führen, konzedierte er – "von Städten, die prosperieren und die relativ schnell FTTH bekommen", und ländlichen Gebieten, wo sich die Frage stelle: "Wie bekommen wir eine angemessene Bandbreite in einer angemessenen Geschwindigkeit?" Es sei aber ein Grundkonsens, dass hierbei alle und nicht nur der Bund aktiv werden müssten.
"Eine Planung auf Gemeindeebene ist doch völliger Blödsinn", kritisierte hingegen auf der Veranstaltung der Telekommunikationsreferent des Landes Brandenburg, Dieter Pötschke, die Rahmenbedingungen des Breitbandausbaus. "So plant man doch auch keine Autobahnen".
Eine gezielte finanzielle Förderung von Hochleistungsnetzen durch die Bundesregierung habe laut Krüger jedenfalls derzeit keine Priorität. Forderungen nach einem Universaldienst, über den Telekommunikationsnetzbetreiber zur Finanzierung des Ausbaus in den wirtschaftlich unrentablen Regionen herangezogen werden könnten, erteilte er eine klare Absage. "Der Universaldienst ist aus unserer Sicht kein Instrument zur Finanzierung des Breitbandausbaus, sondern allenfalls zum Lückenschluss". Eine Anschlussabgabe von 1 Euro monatlich pro Teilnehmer, wie sie das in Bonn ansässige Wissenschaftliche Institut für Kommunikation (WIK) unlängst als Finanzierungsmodell vorgeschlagen hatte, stehe nicht zur Diskussion. "Wir halten das für verfassungswidrig".
(anw)