Google verschiebt Start von Smartphones in China

Der Internetdienstleister zieht weitere Konsequenzen aus dem Streit mit der chinesischen Regierung. Zwei Android-Modelle von Samsung und Motorola werden nicht wie geplant diese Woche in China eingefĂĽhrt.

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Der US-Internetkonzern Google zieht weitere Konsequenzen aus seinem Streit mit der chinesischen Regierung ĂĽber die Zensur im Land. Das Unternehmen verschob die eigentlich fĂĽr Mittwoch vorgesehene EinfĂĽhrung von zwei Smartphones mit dem Google-Betriebssystem Android. Es sei unverantwortlich, die Mobiltelefone "zu diesem Zeitpunkt" auf den Markt zu bringen, zitierte das Wall Street Journal am Dienstag eine mit der Sache vertraute Person.

Die Verschiebung betrifft zwei Modelle von Samsung und Motorola, die die Geräte herstellen. Sie sollten eigentlich ab dem heutigen Mittwoch vom Provider China Unicom angeboten werden. Laut einem Bericht der New York Times hat Google Samsung und Motorola aufgefordert, mit der Auslieferung der Smartphones zu warten, bis die Zukunft von Googles Diensten in China geklärt sei.

Besonders Motorola ist dringend darauf angewiesen, ein neues Erfolgsmodell auf den Markt zu bringen, nachdem sich alle Nachfolger des legendären Razr als Flop erwiesen. Der US-Telecomkonzern setzt stark auf sein Droid genanntes Android-Smartphone.

Google hatte sich vor einer Woche nach Hackerangriffen mit der chinesischen Regierung angelegt. Von diesen Angriffen war laut Berichten auch Motorola betroffen. Google will sich nicht länger der Zensur beugen und würde notfalls sein China-Geschäft aufgeben. Damit würden aber auch eine Reihe von Diensten nicht mehr verfügbar sein, auf die die Handys mit dem von Google initiierten Betriebssystem Android zurückgreifen.

Während Google in den meisten Ländern den größten Umsatzanteil mit Online-Werbung auf seiner Suchsite erwirtschaftet, macht der Internetdienstleister in China den größten Teil der geschätzten 150 Millionen US-Dollar Quartalsumsatz dort mit Werbung, die chinesische Unternehmen über Google auf US-Websites platzieren, berichtet die New York Times weiter. Die Zeitung zitiert einen Analysten, laut dem Google theoretisch auch dann noch Umsatz in China erzielen könne, wenn das Unternehmen seine Website Google.cn schließe.

Die chinesische Regierung und Google haben zu dem Thema bereits Gespräche aufgenommen. Auch zwischen der US-Regierung und den chinesischen Behörden habe es dazu einige Treffen gegeben. Die USA erwarten von der chinesischen Regierung eine weitergehende Aufklärung der Hacker-Angriffe. Die US-Botschaft in Peking verwies am heutigen Mittwoch auf Äußerungen des US-Außenstaatssekretärs für Ostasien, Kurt Campbell, dass die USA die Sache "sehr ernst" nähmen. "Es ist jetzt klar, dass China die Anschuldigungen von Google bestreitet, aber wir glauben, dass die Chinesen in der besten Position sind, das zu erklären – und wir fordern von ihnen eine Erklärung."

Nach Angaben von Google gingen die Hacker-Angriffe von China aus. Die chinesische Regierung verwies bisher immer darauf, dass Cyberkriminalität in dem Land verboten sei. In einem Hinweis auf die darüber hinausgehende Auseinandersetzung über Zensur im chinesischen Internet verwies Campbell darauf, dass US-Präsident Barack Obama während seines Besuchs in China hervorgehoben habe, "dass die Meinungsfreiheit im Internet, darunter der freie und offene Zugang zum Netz, ein universelles Recht ist, das allen Menschen zur Verfügung stehen müsse, egal ob sie in den USA, in China oder in einer anderen Nation sind".

Die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua hat unterdessen einen Kommentar verbreitet, in dem auf die engen Verknüpfungen zwischen der US-Regierung und Google verwiesen wird. Nicht nur sei Google-CEO Eric Schmidt schon zu Wahlkampfzeiten ein Berater des US-Präsidenten gewesen, darüber hinaus seien drei ehemalige Manager des Unternehmens in die US-Regierung berufen worden. Google werde von der US-Regierung benutzt, um ihre Politik in China durchzusetzen. (anw)