Hacken fĂĽr Journalismus 2.0
Der ehemalige Hacker Kevin Poulsen glich für einen Artikel mittels Perl-Skript die Namen der MySpace-Mitglieder mit einer öffentlichen Datenbank über Sexualstraftäter ab; aufgrund des Bericht gab es eine Verhaftung wegen Vorbereitung einer Straftat.
Mit einem spektakulären Artikel hat der ehemalige Hacker Kevin Poulsen, nunmehr Senior Editor bei der Zeitschrift Wired, ein Beispiel dafür geliefert, wie "top-notch journalism" im Zeitalter von Web 2.0 aussehen kann. So interpretiert zumindest der britische Nachrichtenticker The Register in seinem Bericht über Poulsen die Konsequenzen des Artikels – Datenschützer und Bürgerrechtler könnten da allerdings geteilter Meinung sein und Poulsens Vorgehen eher als Beispiel dafür sehen, wie sich unterschiedliche Datenquellen im Internet zu einem vollständigen Persönlichkeitsbild einzelner Nutzer neu zusammensetzen lassen.
Poulsen, der seit einem Jahr regelmäßig über das Community-Portal MySpace berichtet, beschreibt in seinem neuesten Artikel, wie er ein Perl-Skript entwickelt hat, das die Namen der MySpace-Mitglieder mit einer öffentlichen Datenbank von Sexualstraftätern abgleicht. In der Datenbank sind rund 386.000 Einträge aus 46 US-Bundestaaten über Sexualstraftäter gespeichert. Mit seinem Perl-Skript durchforstete Poulsen die Namenslisten von einem Drittel der insgesamt über eine Million MySpace-Nutzer.
Der Suchlauf, der nach Angaben von MySpace technisch unmöglich sein sollte, förderte 744 Namen von Sexualstraftätern zu Tage. 497 dieser Straftäter waren wegen Kindesmissbrauchs oder sonstiger pädophiler Taten in der Datenbank. In seinem Artikel schildert Poulsen, wie seine Suche dazu führte, dass ein Mann verhaftet werden konnte, der über MySpace wahrscheinlich seine nächste Tat vorbereitet habe. Außerdem reflektiert Poulsen über die Möglichkeit, dass nach seinem spektakulären Coup mögliche Täter vorsichtiger werden und sich nicht länger mit ihren Real-Namen auf Webangeboten wie MySpace anmelden werden. Sein Perl-Skript soll im Laufe der nächsten Wochen unter einer Open-Source-Lizenz veröffentlicht werden.
Der investigative und möglicherweise innovative Web-Journalismus dürfte in Deutschland auf großes Interesse stoßen, weil er dem aktuellen Streit um eine deutsche Online-Datenbank der Sexualstraftäter neue Nahrung gibt. (Detlef Borchers) / (jk)