ICANN: Vorsicht ist die Mutter der DNS-Erweiterung

Der für Mai 2011 vorgesehene Termin für die Einführung neuer Top Level Domains wie .berlin bleibt umstritten.

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Der für Mai 2011 vorgesehene Termin für die Einführung neuer Top Level Domains bleibt umstritten. Peter Dengate Thrush, Vorsitzender der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN), hat zu Beginn des 39. ICANN-Treffens im kolumbianischen Cartagena angekündigt, einige Beschlüsse für das komplizierte Verfahren zur Einführung von neuen Top Level Domains (TLD) wie .berlin, .bayern und .sport könnten am Freitag gefällt werden. Wegen des Zeitplans, der die potenziellen Bewerber am meisten interessiert, müsse man aber abwarten.

Nach jahrelangen Diskussionen hatte die ICANN Ende Juni 2008 grünes Licht für die Einführung neuer Adresszonen im Netz gegeben. Nach einer ersten Testrunde mit neuen TLDs im Jahr 2000 und einer kleineren zweiten Runde mit TLDs für spezielle Zwecke im Jahr 2004 soll damit ein reguläres Verfahren für die fortgesetzte Beantragung neuer Adresszonen im Stil von .com, .biz, oder .cat etabliert werden. Damit könnten sich, wenn das Vorhaben denn endlich in die Tat umgesetzt wird, nahezu beliebige Begriffe für Top Level Domains auswählen lassen. Die Hürden haben die Internet-Verwalter aber bereits recht hoch gelegt.

Regierungsvertreter hatten bereits unmittelbar vor dem Start des 39. ICANN-Treffens eine endgültige Entscheidung als unrealistisch bezeichnet und mehr Zeit für die Klärung von Markenrechtsfragen und Ansprüchen auf geographische Namen verlangt. Potenzielle Bewerber wie dot.berlin gehen bereits davon aus, dass der ICANN-Vorstand die Entscheidung bis zum Treffen in San Francisco im kommenden März verschiebt.

Jeff Neuman, Justiziar der biz-Registry Neustar, sagte in einer der Sitzungen zum Markenschutz im Rahmen der Einführung neuer TLDs: "Wir haben alles, was wir brauchen, und wir müssen jetzt anfangen, das auch zu testen". Neuman verwies auf die Erfahrungen aus bisherigen Einführungsverfahren. Der Start der russischen Länder-Domain .рф oder von .co, die von den kolumbianischen Gastgebern global vermarktet werde, zeigten, dass man das Problem gut im Griff habe, sagten Experten. Die Zahlen der Neustarter – eine halbe Million innerhalb einer Woche für .рф, 600.000 für .co in vier Monaten – zeigten auch den manchmal in Zweifel gezogenen Bedarf auf, sagte Beckstrom.

Der ICANN-CEO dankte Hamadoun Touré, dem Chef der Internationalen Fernmeldeunion (ITU), der alten Erzrivalin der DNS-Selbstverwalter. Touré habe sich für die kürzlich ergangene offizielle Anerkennung der ICANN eingesetzt, man wolle künftig intensiver zusammenarbeiten. Eine bessere Zusammenarbeit mit Regierungen strebt die ICANN laut Beckstrom auch im Bereich Sicherheit im DNS an. Bislang hätten nur wenige Regierungen Anfragen der ICANN zu eigenen Sicherheitsaktivitäten beantwortet.

Im Lauf der Woche stehen auch Gespräche über die auf Druck von Regierungen zunächst verhinderte, dann jedoch vor Gericht erfolgreiche .xxx-TLD auf dem Programm. Dengate Thrush sagte, die Debatte habe sich etwas beruhigt. Vor einer möglichen Verabschiedung versuche man, mit dem Regierungsbeirat zu klären, ob frühere Einwände noch bestehen und wie diese ausgeräumt werden könnten. (anw)