IDF: Windows-Boot in weniger als 5 Sekunden

Gehetzt vom Tablet-Erfolg versuchen Intel und Microsoft, ihren schon in den 90er-Jahren des letzten Jahrhunderts konzipierten Instant-On-PC endlich zu realisieren.

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Intels Rapid Start Technology wirkt nicht nur auf den ersten Blick verwirrend.

(Bild: Intel)

Schon mindestens seit 1997 tüfteln Microsoft und Intel erfolglos daran, die Boot-Dauer von Desktop-PCs und Notebooks deutlich zu verkürzen: Unter wohlklingenden Bezeichnungen wie OnNow, Instant-On PC oder Rapid Boot BIOS sollten schon ACPI und andere Neuerungen den nach Knopfdruck sofort nutzbaren Computer bescheren – jedenfalls bei Single-User-Konfigurationen, die nicht erst noch einen Klick auf ein Nutzerkonto und die Eingabe eines Kennworts verlangen oder gar ein BIOS-Passwort, bevor der Rechner überhaupt loslegt.

Für Windows 8 hat Microsoft nun Boot-Zeiten unter 8 Sekunden versprochen, falls das Mainboard des Systems über eine entsprechend optimierte UEFI-Firmware anstelle eines herkömmlichen BIOS (oder einer UEFI-Firmware mit Compatibility Support Module/CSM) verfügt. Intel geht auf dem IDF noch weiter: Mit der hauseigenen Rapid Start Technology, die ebenfalls auf UEFI setzt, soll der Windows-Desktop schon weniger als 5 Sekunden nach dem Druck auf den Einschalttaster erscheinen. Das gilt, wenn das System vorher im Soft-Off-Modus (ACPI S5) oder im Suspend-to-Disk-Zustand (ACPI S4/Ruhezustand) schlummerte – und wenn der Hauptspeicher nicht allzusehr gefüllt ist. Bei hoher Auslastung des RAM soll das System rund 9 Sekunden zum Start brauchen.

Das Active Resume BIOS – verwirrenderweise ebenfalls in UEFI realisiert – soll wiederum das Aufwachen aus dem "Energie sparen"-Zustand (ACPI S3/Suspend-to-RAM) beschleunigen: Statt bisher innerhalb von 2 Sekunden ist weniger als eine Sekunde möglich, so Intel. Allerdings muss dabei jede einzelne Hardware-Komponente und ihr Treiber mitspielen: So brauchen etwa manche Monitore schon länger, um nach dem Einschalten überhaupt ein Bild zu zeigen. Grafiktreiber erwähnt Intel ebenfalls als potenzielle Bremser, die an manche Systeme eigens angepasst werden müssten.

Auch die Rapid Start Technology steckt voller Tücken, die der Firmware-Programmierer umschiffen muss, und setzt spezielle Hardware voraus: Etwa eine Solid-State Disk (SSD) mit einer versteckten Partition, die ebenso groß ist wie der installierte Hauptspeicher. Diese "private Partition" wird über die GUID-Partitionstabelle (GPT) angesprochen. Was genau in diesem Falle zu tun ist, wenn man das RAM aufrüstet, erläutert intel nicht.

Durch eine Fülle von Optimierungen spart Intel 0,47 Sekunden alleine bei der USB-Hardware-Erkennung ein.

(Bild: Intel)

Am Beispiel der bei jedem Systemstart von der Firmware durchgeführten USB-Hardware-Erkennung (USB 2.0 Device Enumeration) zeigt Intel, wie viele einzelne Optimierungsschritte nötig sind, um 0,47 Sekunden Zeit zu schinden. Tablets haben es da deutlich leichter: Sofern sie überhaupt Buchsen zur externen Erweiterung besitzen, sind es bloß wenige – bei einem modernen Desktop-PC gilt es hingegen, bis zu 14 USB-2.0- und vier USB-3.0-Ports abzuklappern, an denen möglicherweise auch noch Hubs mit weiteren Geräten hängen.

Schon längst gibt es Firmware-Versionen mit Optionen zur Verkürzung der Boot-Dauer: Dort lässt sich etwa die USB-Legacy-Emulation abschalten oder die Erkennung optischer Boot-Medien. Den schnelleren Systemstart bezahlt man also mit dem Verlust von Funktionen. Wer auf extrem kurze Startzeiten Wert legt, muss deshalb abwägen, welche Einschränkungen er dafür in Kauf nehmen will. Außerdem zeigen Intels langatmige Erklärungen, dass nicht etwa jedes beliebige UEFI-System schneller startet als eines mit BIOS, sondern nur solche, deren Firmware-Programmierer sorgfältig arbeiten. Umfangreich ausgestattete Mainboards für PC-Bastler können wegen ihrer zahlreichen Schnittstellen und Ports schon prinzipiell nicht so rasant starten wie sparsam bestückte, kaum erweiterbare Komplettrechner, deren Entwickler an allen Schräubchen drehen.

Rapid Start Technology lässt sich mit der Smart Response Technology – also dem SSD-Caching von Festplatten – kombinieren. Dann wiederum muss die Firmware beim Start aber auch die RAID-Firmware für den SATA-Controller laden; hier geht bei ungeschickter Programmierung wieder Zeit verloren. (ciw)