Interessengruppen streiten über Glücksspielmonopol
Bevor morgen die Ministerpräsidenten über einen neuen Glücksspielstaatsvertrag beraten, haben sich nun Verbände, Unternehmen und Gewerkschaften in Stellung gebracht.
Der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom) sorgt sich um den Standort Deutschland im Bereich des Online-Glückspiels. Vor der morgen anstehenden Ministerpräsidentenkonferenz, auf der über einen neuen Glücksspielstaatsvertrag beraten werden soll, plädiert er für eine regulierte Öffnung des Lotto- und Wettmarkts mit klaren Auflagen für Suchtprävention und Verbraucherschutz. "Sonst wandern deutsche Kunden zu Anbietern aus dem Ausland ab, wo sie im Zweifel überhaupt nicht geschützt sind", sagte Bitkom-Präsident August-Wilhelm Scheer laut einer Mitteilung.
Die Bundesländer müssen sich auf einen neuen Staatsvertrag einigen, der den Anforderungen des Europäischen Gerichtshofs gerecht wird. Dieser hatte im September das staatliche Lotto- und Sportwettenmonopol in Deutschland für nicht gerechtfertigt erklärt. Die Richter hatten ihre Entscheidung mit der erheblichen Werbung begründet, die die staatlich genehmigten Anbieter von Glücksspielen betrieben. Das Monopol diene also nicht mehr der Bekämpfung der Spielsucht, wie die staatliche Seite stets argumentiert hatte.
Die Ministerpräsidenten wollen laut Bitkom morgen über drei verschiedene Glücksspiel-Modelle beraten. Zwei der Modelle sähen vor, verbotene Glücksspielangebote im Netz durch Sperren bei den Internet-Zugangsanbietern zu blockieren, ein Vorschlag beinhalte eine umfassende Liberalisierung des Sportwettensektors. "Die Pläne zeigen, dass die Länder vor allem ihre eigenen Lotto-Einnahmen sichern wollen – und dafür sogar zum drastischen Mittel der Internet-Sperren greifen würden. Um Sucht- und Gefahrenprävention geht es dabei nur vordergründig", meinte Scheer.
Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) spricht sich hingegen für die Beibehaltung des Glücksspielmonopols in Deutschland aus. ver.di-Bundesvorstandsmitglied Uwe Foullong warnte in einer Mitteilung, die Aufhebung des Monopols würde den Verlust tausender qualifizierter und tarifvertraglich abgesicherter Arbeitsplätze bedeuten und die Spielsucht weiter vorantreiben. Erwin Horak, Bayernlottochef und Federführer im Deutschen Lotto- und Toto-Block, will das Geschäft mit Sportwetten unter der Marke Oddset deutlich ausbauen. Laut einem Bericht des Handelsblatts fordert er vom Gesetzgeber deutlich mehr Freiheiten als bisher. Mit dem Internet als Vertriebsweg, mit attraktiven Quoten und informativer Werbung könnten die staatlichen Lotto-Anbieter einen Großteil des Schwarzmarkes zurückerobern.
Die Wirtschaftsinitiative "no abuse in internet" (naiin) hatte sich in diesem Monat besorgt über publik gewordene Pläne geäußert, nach denen eine zentrale Sperrdatei für Glücksspiele in Deutschland eingerichtet werden soll. "Der Datenschutz wird unter dem Deckmantel der Suchtprävention den finanziellen Interessen des Staates geopfert, der um jeden Preis an seinem Monopol festhalten möchte", erläutert Rene Zoch, 2. naiin-Vorsitzender. Es wäre nach Ansicht der Initiative besser, private Anbieter vermehrt zu lizenzieren, in die Regulierung einzubeziehen und ebenfalls zur Suchtprävention zu verpflichten. (anw)