Jünger, schneller, peppiger? Die Fernsehnachrichten von morgen

Wer Nachrichten im Netz guckt, will sie oft anders haben als auf dem klassischen TV-Bildschirm. Was bieten die Sender? Das ZDF startet am 18. Mai das neue Angebot "heute plus" und will vor allem Jüngere ansprechen.

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Jünger, schneller, peppiger? – Die Fernsehnachrichten von morgen

(Bild: ZDF)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Marc-Oliver von Riegen
  • Fredrik von Erichsen
  • dpa

Wie sehen die Fernseh-News von morgen aus – schnelle Schnitte, lockere Sprache, viele Grafiken? Das ZDF ist gerade im Labor mit der Sendung "heute plus", die ab 18. Mai nicht nur die Nachfolge von "heute nacht" antreten, sondern auch jünger daherkommen will – und manchmal auch ein bisschen frecher als bisher. Das Angebot soll bereits um 23.00 Uhr im Internet zu sehen sein, noch vor der TV-Ausstrahlung. "Wir versuchen, damit andere Zielgruppen zu erreichen", sagt Redaktionsleiter Clas Dammann. Das Ziel: ein modernes Nachrichtenformat mit neuer Ansprache und neuem grafischen Zugriff auf die Themen. "Wir versuchen, mehr hinter die Ereignisse zu gehen und auch mal gegen den Strich zu bürsten."

Im Zentrum steht der Dialog. Die Internetgemeinde soll nicht bis zur Sendung warten: Das ZDF postet den Tag über Beiträge. Die sollen ruhig zur Debatte anregen. "Seid ihr heute Morgen auch schon in die #Geiselnahme der GDL geraten?", schrieb die Redaktion zum Start des achten Streiks der Lokführergewerkschaft GDL am Dienstag auf Facebook und zeigte ein Foto mit der Frage: "Welchen Einfluss hat der Bahnkunde?" Darauf kam einige Kritik, auf die die Redaktion schließlich antwortete: "Wir haben entweder die falsche Frage gestellt und hätten thematisieren sollen, ob es sich tatsächlich um eine "Geiselnahme" handelt. Oder wir hätten uns vom Kampfbegriff 'Geiselnahme' deutlicher distanzieren sollen, um klar zu machen, dass wir ihn nicht einfach übernehmen wollten, um 'Stimmung zu machen'."

Daniel Bröckerhoff, der mit Eva-Maria Lemke "heute plus" moderiert, will News auf Augenhöhe: "Das ist gerade dieses Ding, kein Nachrichtenhochamt zu sein", sagt der bisherige Reporter der Einsplus-Sendung "Klub Konkret". Schließlich ist die Zielgruppe zwischen 25 und 45 und viel mit Smartphone oder Tablet unterwegs. Die Moderatoren sollen Freiräume haben: Bröckerhoff will journalistische Haltung rüberbringen, ohne zu kommentieren. "Die Idee ist nicht, dass die Moderatoren um 23.00 Uhr aus dem Nebel auftauchen, 15 Minuten die Verkündigung geben und dann wieder verschwinden." Dabei ist die Sendung Mitglied der "heute"-Familie. Claudia Rüggeberg, Vizeleiterin der "heute"-Redaktion, betont: "Uns ist daran gelegen, dass wir eine seriöse und substanzielle Infosendung sind."

Die ARD spricht mit ihrem Nachrichtenklassiker "Tagesschau" auch die Internetnutzer an – auf tagesschau.de oder per App. "Die "Tagesschau" um 20 Uhr wird im Internet regelmäßig abgerufen, genau wie die "Tagesthemen"", sagt Sprecherin Anna Engelke. Im ersten Quartal 2015 zählte die ARD im Schnitt 34,5 Millionen Besuche im Monat. Die Sendung hat auch im Fernsehen zahlreiche junge Zuschauer: "Dass junge Menschen unter 30 Jahren Medien und Nachrichten vielfach im Netz konsumieren, wissen wir. Dennoch erreichen wir mit der klassischen "Tagesschau" um 20 Uhr im Fernsehen regelmäßig 12,7 Prozent von den 14- bis 29-Jährigen." Im Netz werde auch die "Tagesschau in 100 Sekunden" häufig genutzt.

Der Privatsender RTL bietet seine Nachrichten wie ARD und ZDF auch auf Facebook an. "RTL Aktuell" habe mit rund 660.000 Fans fast doppelt so viele wie die "Tagesschau" (rund 380.000) oder "heute" (rund 300.000), sagt der Sprecher von RTL interactive, Thomas Bodemer. Der Kölner Sender will die News-Angebote im Netz künftig weiter vor allem mit Videoinhalten ausbauen, um auch sehr junge Nutzer zu erreichen. Auch die Privatsender ProSieben und Sat.1 bieten laut Sprecherin Sabine Segerer-Utz speziell auf das Internet zugeschnittene Clips – bei ProSieben sind das zum Beispiel die "Galileo"-News, bei Sat.1 die Angebote auf der Newsseite.

Mehrere Tage vor dem Sendestart hat "heute plus" auf Facebook rund 3300 Fans. Bröckerhoff bringt auf den Punkt, wie vor allem Jüngere die Nachrichten konsumieren: "Man snackt sich quasi durch die Info." (anw)