Kommentar: Apple geht es bei Beats nicht um Kopfhörer oder Streaming

Keine Kopfhörer, kein Image und kein Streaming-Dienst waren der Grund dafür, dass Apple Beats gekauft hat. Beats ist allein deswegen soviel wert, weil die Firma als einziger gut klingende Smartphone-Lautsprecher bauen kann.

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Von
  • Hannes A. Czerulla

3,2 Milliarden US-Dollar waren Apple ein paar Plastikkopfhörer wert – schwer zu glauben. Geht es dem Konzern wirklich nur um die Mode-Accessoires? Experten wie mein Kollege Hartmut Gieselmann meinen, dass es auch das Streaming-Angebot von Beats Kaufgrund war. Was bislang von fast allen Analysten vernachlässigt wurde, ist Beats Lautsprechertechnologie. Sie ist der eigentliche Grund für den Deal.

Ein Kommentar von Hannes A. Czerulla

Hannes Czerulla schreibt seit 2011 für heise.de und die c't über Smartphones, Apps und alles, was man damit machen kann. Rooting, CustomROMs und mobile Betriebssysteme gehören ebenfalls zu den Themen des Technikjournalisten.

Bislang konnte man die Technik nur in HP-Tablets, HTC-Smartphones und in einigen Notebooks bestaunen. Im ersten HTC One steckten die besten Lautsprecher, die man bis heute in einem Handy findet. Das drei Jahre alte Tablet HP TouchPad übertraf in seiner Klangqualität damals locker das iPad 2 und klingt weiterhin besser als alle neuen Apple-Tablets. Natürlich konnte keiner dieser Lautsprecher mit mobilen Bluetooth-Lautsprechern oder gar HiFi-Boxen mithalten, aber zumindest haben einem nicht sofort die Ohren geblutet. Sie waren laut genug, um eine kleines Zimmer zu beschallen und verzerrten dabei nicht. Und man bekam etwas zu hören, das für alle anderen Smartphone-Krakeelen ein Fremdwort war: Bass.

Betrachtet man Beats Geschäft mit Kopfhörern, liegt auch die Vermutung nahe, dass die Ohrhörer der Grund für den Kauf sind. Immerhin hat Beats in den USA einen Marktanteil von über 50 Prozent im Bereich der sogenannten "Premium-Kopfhörer". Über ihren Klang lässt sich streiten, doch Teenager stehen dennoch auf sie – nicht wegen des Sounds, sondern wegen des Designs: glänzendes Plastik in allen erdenklichen Farben. Doch genau in dieser Disziplin ist Apple jetzt schon der ungeschlagene Meister. Apple hat ganze Produktkategorien wie Laptops, Tablets und Smartphone allein durch ein neues Design revolutioniert. Die Kalifornier sind die letzten, die deswegen eine Firma kaufen müssten.

Mit Beats Image verhält es sich ähnlich: Apple ist nicht wegen seiner Mitarbeiter, Besitztümer oder seiner Produkte wertvollste Marke der Welt, sondern das über Jahrzehnte entwickelte Image macht den weißen Apfel so wertvoll. Auch wenn Beats mit seinem leichten Gangster-Image Apples Zielgruppenportfolio sinnvoll ergänzt, ist Image eine Ressource, die bei Apple mehr als genug vorhanden ist.

Die 111.000 Kunden, die Beats Musik-Streaming-Dienst nutzen, sind im Vergleich zu den Nutzerzahlen von iTunes kaum beachtenswert. Um einen solchen Dienst zu realisieren, braucht Apple keine Firma zu kaufen. Mit Streaming-Technik kennt sich der weiße Riese jetzt schon aus. Bislang werden zwar nur Filme verliehen, aber der Sprung zum Musik-Streaming wäre für Apple auch jetzt schon keine technische Hürde.

Beats-Mitgründer Jimmy Iovine teilte bereits über das Blog AllThingsD mit, dass der Kauf darauf abziele, die Soundqualität auf Elektronikgeräten zu verbessern. Im iPhone 6 erwarten uns also vielleicht ernst zu nehmende Stereolautsprecher. So hätte Apple 3,2 Milliarden für etwas ausgegeben, was sonst kein Smartphone-Hersteller zu bieten hat: gute Lautsprecher. (hcz)