Kommentar: Rätselraten um GeForce- und Tegra-Roadmaps von Nvidia

Zwar sind Produkt-Fahrpläne weniger verbindlich als konkrete Ankündigungen, doch überraschende Veränderungen bei Nvidia stiften Verwirrung.

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Auf der hauseigenen GPU Technology Conference (GTC) lässt es sich Nvidia-Chef Jen-Hsun Huang nicht nehmen, persönlich den Produkt-Fahrplan für die kommenden Jahre zu verkünden. Dabei ergeben sich immer wieder Änderungen im Vergleich zu den Vorjahren. In diesem Jahr traf es die auf der GTC 2013 angekündigte GPU-Generation Volta sowie das Tegra-SoC Parker. Beide sind in den neuen Roadmap-Ausgaben verschwunden, stattdessen sollen wir uns auf die GPU Pascal im Jahr 2016 und 2015 auf das ARM-SoC Erista einstellen.

Roadmaps haben nicht bloß Bedeutung für Marken-Fanboys und neugierige Journalisten, sondern sie sollen vor allem neue Kunden anlocken und alte in ihrer Entscheidung bestätigen. Dabei geht es weniger um Endkunden, sondern um die Hersteller von PCs, Supercomputern, Autos, Embedded Systems und um Programmierer. Sie alle müssen ihre Produkte aufwendig an Zulieferteile anpassen, in diesem Falle an GPUs und ARM-SoCs von Nvidia. Kunden brauchen das Gefühl, auf zukunftsträchige Technik zu setzen und nicht in einer Sackgasse zu landen: Immerhin stecken sie viel Geld und Personalaufwand in die Entwicklung.

Nvidia-Roadmaps von der GTC 2014 (4 Bilder)

Aktuelle GPU-Planung von der GTC 2014

Auf der GPU Technology Conference (GTC) 2014 kündigt Nvidia-Chef Huang die GPU-Generation "Pascal" für 2016 an. Sie bringt (erstmals?) Stacked DRAM (3D Memory), NVlink und Unified Memory. (Bild: Nvidia)

Vor diesem Hintergrund wirkt es befremdlich, dass Nvidia wieder einmal die Roadmaps für GPUs und ARM-SoCs verändert hat, ohne das öffentlich zu begründen. Selbstverständlich erhalten Bestandskunden unter Geheimhaltungsvereinbarung genaueren Einblick. Doch in der Öffentlichkeit wecken die Änderungen Zweifel, ob Nvidia seine Planung im Griff hat.

Ein Kommentar von Christof Windeck

Christof Windeck (ciw) schreibt für c't und heise online über PC- und Server-Hardware. Er kam nach einem Studium der Elektrotechnik und sieben Jahren in einem kleinen Industriebetrieb 1999 zur c't und ist heute leitender Redakteur des Ressorts PC-Hardware.

Nun ist die Halbleiter-Entwicklung wegen der extremen Komplexität der Chips bei gleichzeitigen Unwägbarkeiten in der Fertigungstechnik mit hohen Risiken geschlagen. So ist es verständlich, dass die vor dreieinhalb Jahren für 2013 angekündigten Maxwell-Chips erst 2014 erscheinen und zumindest die ersten (und wohl auch die folgenden) noch 28-nm-Technik nutzen, obwohl das 2010 anders geplant war.

Überraschend sind jedoch veränderte Codenamen, die darauf hindeuten, dass größere Korrekturen im Verlauf der Entwicklung nötig wurden. Im Vergleich zu Volta hat Pascal eine weitere Funktion bekommen, nämlich außer Stacked DRAM auch die schnellen NVlinks – aber weshalb hat Nvidia nicht einfach den Namen Voilta beibehalten? Ein genauerer Vergleich der GPU-Roadmap 2013 und 2014 zeigt, dass es auch eine Änderung bei Maxwell gab: Von "Unified Virtual Memory" ist nun nicht mehr die Rede, stattdessen steht "Unified Memory" bei Pascal. Bisher hat Nvidia nicht genau erklärt, was das zu bedeuten hat – rätselhaft, wo Konkurrent AMD mit viel Werbeaufwand für die Hybrid System Architecture HSA mit hUMA und HQ trommelt.

Unbeantwortete Fragen hinterlässt auch Erista, laut Huang nun der Nachfolger des aktuellen Tegra K1 – beziehungsweise dessen zweiter Inkarnation mit zwei 64-bittigen-ARMv8-Kernen mit selbst entwickelter "Denver"-Mikroarchitektur. Auf der Roadmap ist bei Erista keine Rede mehr von Denver, aber von Maxwell-GPU-Technik.

Das war aber im vergangenen Jahr schon für Parker geplant, außerdem aber auch Denver-CPU-Technik und eine Fertigung mit FinFETs – letzteres verweist auf die 20-nm-Fertigungstechnik von TSMC, die in einer Weiterentwicklung auch 16-nm-FinFETs ermöglichen soll. Doch nun ist unklar, ob Erista davon überhaupt profitieren wird. Dabei wäre es angesichts der wachsenden ARMv8-Konkurrenz bei den Smartphone- und Tablet-SoCs doch sehr wichtig für Nividia, Signale zu senden, wie man die Leistungsaufnahme der kommenden Tegras im Zaum halten möchte. Und von einem integrierten LTE-Modem war auch nicht konkret die Rede – gerade damit punktet aber Smartphone-SoC-Marktführer Qualcomm.

Am Ende bleibt der Eindruck, dass die Nvidia-Roadmaps mehr neue Fragen aufwerfen, als sie beantworten. Weshalb werden sie dann aber überhaupt öffentlich präsentiert? (ciw)