Kommentar: Schluss mit dem Kontrollwahn am Flughafen!
Die US-Flugsicherheitsbehörden haben sich eine neue Schikane für Passagiere einfallen lassen: Elektronische Geräte müssen nun voll aufgeladen sein. Wozu der absurde Kontrollwahn? Die Statistiken zeigen: Es gibt so gut wie keine Flugzeugentführungen mehr.
- Jens Lubbadeh
Ich bin immer wieder erstaunt, wie sehr es zur Normalität geworden ist, sich als Flugreisender wie Vieh behandeln zu lassen. Und dass niemand sich mehr darüber aufregt.
Jetzt hat sich die US-Flugsicherheitsbehörde eine neue Schikane für Reisende einfallen lassen. Ab sofort müssen Sie, wenn Sie in die USA fliegen wollen, Ihre elektronischen Geräte alle aufgeladen haben, um sie am Security-Check-In bei Aufforderung einschalten zu können. Denn Sie sind ja ein potenzieller Terrorist. Und Ihr iPad / Rasierapparat / Vibrator eine potenzielle Bombe.
Rutschende Hosen
Ich freue mich ja schon auf die Schlangen, wenn die Leute nun nicht mehr nur ihre Hosentaschen leeren und GĂĽrtel herausziehen, sondern auch noch ihre Laptops und Tablets hochbooten mĂĽssen. Das dauert bekanntlich.
Doch auch das werden all die Passagiere duldsam hinnehmen. Schließlich macht es ihnen ja auch nichts aus, gürtelfrei, mit rutschenden Hosen durch Tore zu tapsen, sich überall betatschen zu lassen und durstig zum Gate zu traben, um sich dort für Wucherpreise neue Getränke kaufen zu müssen.
Das mit den Flüssigkeiten übrigens interessiert mittlerweile auch niemanden mehr so wirklich. Keiner nutzt mehr transparente Beutel. Keiner legt sie mehr getrennt in die Körbe. Und keiner von den Security-Leuten sagt noch was dazu. Denn mittlerweile scheint sich endlich herumgesprochen zu haben, dass die 100-Milliliter-Begrenzung völliger Quatsch ist. Schon mit weniger Mengen lassen sich vortrefflich Bomben bauen, wie Quarks & Co vor ein paar Jahren bereits bewiesen hat. Aber dass die Sicherheitsbehörden mal endlich offiziell zugeben, dass diese Reglementierung völlig sinnfrei war? Denkste.
Sachlichkeit nicht möglich
Diese ganzen Absurditäten bei Flugreisen sollten uns als Mahnung dienen. Das nämlich blüht uns, wenn wir Law-and-Order-Politikern freie Hand lassen. Im Luftverkehr widerspricht niemand dem ungezügelten Kontrollwahn, denn gegen die Wucht der im kollektiven Gedächtnis befindlichen Bilder vom 11. September argumentiert es sich nun mal schlecht.
Leider haben sie auch jegliche sachliche Betrachtungsmöglichkeit überschrieben. Man muss sich doch einfach nur mal die Statistiken anschauen. Sie zeigen, dass es so gut wie keine Flugzeugentführungen mehr gibt. Die ganzen absurden Blüten, die der Sicherheitskontrollwahn am Flughafen treibt, entbehrt jeglicher Verhältnismäßigkeit.
2013 reisten insgesamt 3,1 Milliarden Menschen in 36 Millionen Flügen. Es gab eine einzige Flugzeugentführung mit 0 Todesopfern. Seit 2002 sind die Flugzeugentführungen weltweit im niedrigen einstelligen Bereich. Gerade einmal 5 Menschen sind seitdem durch Entführungen ums Leben gekommen. Die Wahrscheinlichkeit, in ein Flugzeug zu steigen, das entführt werden könnte, liegt derzeit also bei 1 zu 36 Millionen. Aber auch vor dem 11. September war die Entführungswahrscheinlichkeit gering. Seit dem Beginn der kommerziellen Luftfahrt in den 40er Jahren haben Entführungen gerade einmal 1138 Flugreisende das Leben gekostet.
Die Unfallwahrscheinlichkeit ist wesentlich höher. Seit 1942 sind durch Flugunfälle 78.673 Menschen ums Leben gekommen – fast 70 Mal so viel wie durch Entführungen. (Die Unfallstatistiken sind erfreulicherweise seit den 2000er-Jahren stark gesunken – bei gleichzeitig stark steigendem Passagieraufkommen.)
FĂĽhrt man sich das mal vor Augen, kann man deutlich sagen: Ja, die strengeren Sicherheitskontrollen, die nach dem 11. September 2001 eingefĂĽhrt wurden, funktionieren. Es gibt so gut wie keine FlugzeugentfĂĽhrungen mehr. Und: Wir brauchen keine weiteren Kontrollen. Es reicht!
Also – liebe US-Behörden. Lasst es doch endlich mal gut sein. (jlu)