Landgericht Hamburg verdonnert YouTube zum Sperren einzelner Musikvideos
Der Produzent der englischen Sängerin Sarah Brightman, Frank Peterson, hat in einem Rechtsstreit mit der Google-Tochter einen Teilsieg errungen. Die Videoplattform darf drei Werke mit Titeln der Künstlerin nicht mehr verbreiten.
- Stefan Krempl
- Volker Zota
Der Produzent der englischen Sängerin Sarah Brightman, Frank Peterson, hat in einem Rechtsstreit mit YouTube einen Teilsieg errungen. Die Videoplattform darf drei Aufnahmen mit Titeln der Künstlerin nicht mehr verbreiten, urteilte das Landgericht Hamburg am gestrigen Freitag.
Aufgrund der Veröffentlichung der Videos sehen die Richter die Google-Tochter nicht nur zur Unterlassung, sondern auch zum Schadensersatz verpflichtet. Einem Anspruch zur Auskunftserteilung, der eine Ausgleichszahlung für die rechtswidrige Darstellung der Werke vorbereiten soll, gaben sie in den drei Fällen statt. YouTube muss demnach offen legen, wie oft die entsprechenden Aufnahmen mit Songs der Sopranistin abgerufen worden sind. Brightman landete mit ihrem Duett "Time to Say Goodbye" mit Andrea Bocelli einen Welthit.
Das Landgericht ging laut einer Mitteilung der Hamburger Justizbehörden davon auch, dass sich YouTube die von den Nutzern ihrer Plattform hochgeladenen Inhalte zu Eigen gemacht hat. Daraus folgten "erhöhte Prüfpflichten" im Hinblick auf die Inhalte der Videos, denen die Google-Tochter nach Auffassung der den Fall behandelnden Kammer nicht nachgekommen ist. Die formularmäßige Versicherung des jeweiligen Hochladenden, er habe alle erforderlichen Rechte an dem Video, entbinde YouTube nicht von der Pflicht, sich von dem Nutzer im Einzelfall nachweisen zu lassen, dass er über die erforderlichen Rechte tatsächlich verfügt. Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund, dass Anwender die Möglichkeit hätten, die Plattform anonym zu nutzen.
Der Kläger machte in der Auseinandersetzug geltend, Inhaber verschiedener nach dem Urheberrechtsgesetz geschützter Leistungen als Werkbearbeiter, Produzent und Verleger zu sein, die sich in Darbietungen und Aufnahmen der Künstlerin verkörpern. Solche Aufnahmen hätten sich in zahlreichen Videos gefunden, die Nutzern bei YouTube online gestellt hätten und die dann über die Plattform abrufbar gewesen seien. Rechte zur Nutzung der Stücke seien aber nicht eingeräumt worden. Die Aufnahmen seien ferner zum Teil mit anderen Inhalten der Videos wie Filmen, Bildern oder Texten verknüpft worden, was einer eigenständigen Rechtseinräumung bedurft hätte. Zum Teil soll es sich auch um nicht autorisierte Live-Mitschnitte gehandelt haben.
Arnd Haller, Leiter der Rechtsabteilung bei Google Deutschland, kündigte inzwischen an, gegen das rund 60 Seiten lange Urteil Widerspruch einzulegen. Die umfangreiche Peterson-Klage sei zwar "weitestgehend abgewiesen" worden. Mit der Verpflichtung, drei bestimmte Videos nicht mehr zugänglich zu machen, habe sich das Gericht aber über einschlägige EU-Richtlinien hinweggesetzt. Diese Entscheidung werde "zu einer ganz erheblichen Rechtsunsicherheit bei allen Anbietern von Videoplattformen, Meinungsforen, Social Communities, Blogs und vielen weiteren Internetdiensten in Deutschland führen", weshalb der Gang in die Revision nötig sei. Haller zeigte sich zugleich zuversichtlich, dass der Richterspruch "keinen Bestand haben wird".
Ein Google-Sprecher führte gegenüber heise online aus, dass sich die Klage auf viele weitere Werke mit Songs Brightmans bezogen habe. Mit den meisten Ansprüchen habe sich Peterson daher nicht durchsetzen können. Zudem müsse er die gesamten Kosten des Verfahrens tragen. Trotzdem gehe das Urteil in den drei anerkannten Fällen deutlich zu weit. Laut der europäischen E-Commerce-Richtlinie haften Provider, die fremde Inhalte auf eigenen Rechnern zum Abruf bereithalten, nur "nach Kenntnis" offenkundig rechtswidriger Inhalte. Eine allgemeine Überwachungspflicht von Inhalten für die Anbieter schließt das hierzulande mit dem Telemediengesetz umgesetzte Rahmenwerk aus. In einem von der GEMA vorgebrachten Rechtsstreit gegen YouTube hatte das Landgericht der Hansestadt jüngst einen Verfügungsantrag der Musikverwertungsgesellschaft zurückgewiesen. Zugleich ließ es aber durchblicken, der GEMA wohl prinzipiell ein urheberrechtlicher Unterlassungsanspruch zustehe. (vza)