Lehrerverband: Internet-Mobbing gegen Lehrer nimmt zu (Update)
Der Deutsche Philologenverband warnt vor einer zunehmenden Internet-Diffamierung von Lehrern und kritisiert, dass die meisten Bundesländer dem Problem untätig gegenüberstehen.
Die Zahl der Lehrer, die im Internet durch Schüler beleidigt oder bloßgestellt werden, nimmt weiter zu. Laut einer Mitteilung des Deutschen Philologenverbandes sind rund 60.000 Lehrerinnen und Lehrer schon einmal Opfer von Internet-Mobbing geworden. Der Verbandsvorsitzende Heinz-Peter Meidinger räumte aber auch ein, Internet-Mobbing gehe in den meisten Fällen von einer "verschwindenden Minderheit von Schülern" aus. Dieser sei nicht klar, dass das Internet kein rechtsfreier Raum ist.
Zumeist werden diffamierende Inhalte über Chat-Foren sowie Video- und Bewertungsplattformen verbreitet. Dazu zählt unter anderem auch die Webseite Spickmich.de, die sich im April dieses Jahres gegen die Klage einer Lehrerin durchgesetzt hat. Die Pädagogin fühlte sich durch die öffentliche Benotung ihrer Person in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt. Die Richter des Landgerichts Duisburg sahen die Einträge jedoch vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt. Lediglich bei Beleidigungen oder Schmähkritik hätte ein Anspruch auf die Entfernung der Einträge bestanden. Ähnlich entschied zuvor das Landgericht Köln in Hinblick auf eine Gymnasiallehrerin, welche von Schülern mit einer Gesamtnote von 4,3 bewertet worden war.
Internet-Mobbing von Lehrern sei inzwischen "an fast jeder weiterführenden Schule" zu beobachten. Es sei bisher nicht gelungen, wirksam dagegen vorzugehen, beklagt der Philologenverband und zielt damit auf die Mehrzahl der Bundesländer. Diese kämen ihrer Fürsorgepflicht für Lehrer nicht nach. Lediglich Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen hätten es geschafft, ein Netz von Ansprechpartnern und Hilfeleistungen für betroffene Lehrer aufzubauen. Der Philologenverband hatte im Juli vorigen Jahres ein schärferes Vorgehen gegen Internet-Mobbing gefordert.
(Update):
Die vom Philogenverband genannte Zahl der von Internet-Mobbing betroffenen Lehrer bezieht sich auf eine Studie der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Rund 15.000 in der GEW organisierte Lehrer wurden Opfer von "Cyber-Mobbing" und werden im Internet oder mit SMS fortgesetzt belästigt, bedroht oder verleumdet. Die Leiterin des GEW-Vorstandsbereichs Schule, Marianne Demmer, warnte aber vor einer Dramatisierung dieses Phänomens. Erforderlich sei ein professioneller Umgang mit dem Problem und eine Unterstützung der Betroffenen.
Die repräsentative Studie basiert auf Angaben von rund 500 Lehrern. Acht Prozent davon gaben an, direkt von "Cyber- Mobbing" betroffen zu sein. In der GEW sind 200.000 Lehrer an allgemeinen Schulen sowie Berufsschulen organisiert. Insgesamt gibt es rund 700.000 Lehrer in Deutschland. (mfi)