Lösch-Ersuchen: Google sieht zunehmende Tendenz zur politischen Zensur

In seinem jüngsten Transparenzbericht verzeichnet der Internetdienstleister einen starken Anstieg der Lösch-Ersuchen von Gerichten und Strafverfolgern.

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Im zweiten Halbjahr 2012 wurde Google von Strafverfolgern und Gerichten 2285 Mal ersucht, insgesamt 24.179 Inhalte zu löschen. In der ersten Hälfte des Jahres waren es noch 1811 Ersuchen zu 18.070 Inhalten, heißt es in dem jüngsten Transparenzbericht des Konzerns. Google meint vor dem Hintergrund dieser Zahlen eine zunehmende Tendenz zur Zensur auszumachen. Schließlich hätten die Behörden so oft wie noch nie zuvor darum ersucht, politische Inhalte zu löschen, beispielsweise Blogeinträge, in denen Regierungsangehörige kritisiert werden.

(Bild: Ersuchen nach Halbjahren aufgeschlüsselt)

Google legt seit drei Jahren einen Bericht vor, in dem es die Anzahl und die Gründe von Ersuchen dokumentiert, Inhalte zu löschen oder zu prüfen, ob sie nach den Nutzungsbedingungen des jeweiligen Dienstes wie YouTube oder Blogger entfernt werden müssen. Die meisten Ersuchen betrafen Persönlichkeitsrechtsverletzungen, gefolgt von "Datenschutz und Sicherheit" sowie Wahlgesetze betreffend. An vierter Stelle steht Regierungskritik.

Einen besonders hohen Anstieg der behördlichen Anfragen registrierte Google aus Brasilien. Von dort seien 697 Ersuchen eingegangen gegenüber 191 in dem halben Jahr zuvor. Fast die Hälfte davon betraf 756 Inhalte zur Kommunalwahl in dem Land, in denen Kandidaten verleumdet oder angegriffen wurden. Google habe die meisten Anfragen mit Verweis auf das in der brasilianischen Verfassung festgehaltene Recht auf freie Meinungsäußerungen zurückgewiesen.

Auch aus Russland seien auffallend mehr Anfragen eingetroffen, nämlich 114 gegenüber 6 im ersten Halbjahr. Davon betrafen 107 ein im November 2012 erlassenes Gesetz zur stärkeren Kontrolle des Internets. Aus 20 Ländern kamen Aufforderungen, YouTube-Videos zu entfernen, die Ausschnitte des Films "Innocence of Muslims" enthielten. Obwohl diese Videos nicht gegen die Nutzungsbedingungen verstießen, habe sie Google aufgrund der jeweils in den Ländern geltenden Gesetze blockiert. Wegen Ausschreitungen um den Film hat YouTube außerdem Clips des Films in Ägypten und Libyen gesperrt. (anw)