MATSE: Mehr als Programmierer

Ein MATSE muss von Mathe genauso viel Ahnung haben wie von Informatik. Die "Mathematisch-technischen Software-Entwickler" sind gefragte Praktiker. Die Ausbildung ist noch vergleichsweise neu und dauert drei Jahre.

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Von
  • Horst Heinz Grimm
  • dpa

Wer Angst vor Algorithmen hat, ist in diesem Ausbildungsberuf falsch: dem Mathematisch-technischen Software-Entwickler, kurz MATSE genannt. "Ihre Hauptaufgabe ist die Konzeption, Realisierung und Wartung von Software-Systemen auf Basis mathematischer Modelle. Damit lösen sie Probleme aus Informatik, Technik, Naturwissenschaften und Wirtschaft", beschreibt Michael Assenmacher vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) in Berlin die Arbeit dieser Fachleute.

Theoretisch kann jeder mit Hauptschulabschluss die dreijährige Lehre als MATSE in Betrieb und Berufsschule beginnen. In der Praxis nehmen Unternehmen bevorzugt Jugendliche mit Mittlerer Reife oder Hochschulreife. "Nach meinen Erfahrungen sind 85 Prozent der Azubis Abiturienten", hat Monika Stelljes von der Handelskammer Hamburg beobachtet.

Die Ausbildung zum MATSE gibt es erst seit 2007. Er löste den Mathematisch-technischen Assistenten ab. Das Berufsbild kombiniert rechnerisches Know-how mit Fähigkeiten der Software-Entwicklung. Daneben wird Fachwissen auch auf anderen Gebieten wie der Wirtschaft vermittelt. MATSE setzen die Aufgabenstellungen aus Wirtschaft, Technik und den Naturwissenschaften in mathematische Modelle um und entwickeln daraus Programme zum praktischen Arbeiten. Der Beruf ist aber nicht mit dem eines Programmierers gleichzusetzen.

Die Zahl der MATSE-Azubis bleibt überschaubar: "Im ersten Jahr begannen 139 junge Leute diese Ausbildung, 2009 waren es 152", erklärt Stephan Pfisterer vom Branchenverband BITKOM in Berlin. "Damit bewegt sich der MATSE auf dem Niveau eines vergleichsweise eng aufgestellten Nischenberufs." Auch in Zukunft sei kein erheblicher Anstieg der Ausbildungszahlen zu erwarten. "Der Beruf des MATSE ist insbesondere für Unternehmen mit wissenschaftlichen Fragestellungen oder für den Betrieb in Großrechenzentren konzipiert, nicht für die Tätigkeit bei einem kleinen Softwarehaus oder Systembetreuer", umreißt Pfisterer die Einsatzgebiete. Die Arbeitsplätze der Spezialisten sind unter anderem Forschungseinrichtungen, wo sie als Partner der Wissenschaftler beim Simulieren von Experimenten mitarbeiten. Außerdem sind Datenbanken von Versicherungen und Geldinstituten ihr Metier.

Das Forschungszentrum Jülich, wo der schnellste Rechner Europas steht, und das renommierte Rechenzentrum der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen bilden nach einem besonderen System aus: ein "Bachelorstudiengang Scientific Programming" in Verbindung mit einer Ausbildung zum MATSE. Für den theoretischen Teil schicken sie ihre Azubis nicht in eine Berufsschule, sondern zum Studium an die Fachhochschule Aachen. "Grundsätzlich werden für die Zulassung zum Studium an unserer Hochschule die fachgebundene Hochschulreife und ein Ausbildungsvertrag gefordert", erklärt der Dekan des Fachbereichs Technomathematik Prof. Volker Sander. "Für den Zugang muss außerdem ein schriftlicher mathematisch-logisch orientierter Eignungstest bestanden werden." Der dreijährige duale Studiengang, bei dem die Lehre in der Hochschule mit Praxiseinheiten im Betrieb kombiniert wird, heißt "Scientific Programming" und schließt mit dem Bachelor ab. Innerhalb von vier weiteren Semestern kann der Master in Technomathematik erworben werden.

Die Vergütung in dem Ausbildungsberuf ist einheitlich festgelegt. Nach Angaben von Monika Stelljes empfiehlt die Handelskammer Hamburg ein Entgelt von 410 bis 520 Euro im ersten Jahr, 460 bis 620 Euro im zweiten und 520 bis 720 Euro im letzten Jahr. "Viele Firmen zahlen aber darüber hinaus", hat sie beobachtet. Nach der Prüfung vor der zuständigen Industrie- und Handelskammer (IHK) muss sich ein fertig ausgebildeter mathematisch-technischer Software-Entwickler in der Regel keine Sorgen um einen Job machen. "Der MATSE hat aufgrund seines anspruchsvollen Profils beste Chancen am Arbeitsmarkt", meint Pfisterer. Auch für Frauen sei der Beruf "hoch interessant". Bislang ist er aber eher eine Männerdomäne. Der Frauenanteil unter den Auszubildenden liegt Pfisterer zufolge bei rund 20 Prozent. (jk)