"Minimalprogramm" der Regierung für unabhängigen Datenschutz in der Kritik
Die Datenschutzkontrolle im Bereich des Bundes soll nicht mehr dem Innenministerium untergeordnet werden, doch der Datenschutzbeauftragten Andrea Voßhoff und ihrem Vorgänger Peter Schaar geht dies nicht weit genug.
Die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff und ihr Vorgänger Peter Schaar sehen den Gesetzentwurf der Bundesregierung für eine unabhängige Datenschutzbehörde kritisch. Voßhoff begrüßte zwar das Ziel, die Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs zur völligen Unabhängigkeit der Datenschutzkontrolle von 2010 vorantreiben zu wollen. Allerdings werde dem "erhöhten Personalbedarf nicht ausreichend Rechnung getragen".
Die auch für die Informationsfreiheit zuständige Bundesbehörde soll nach dem Willen des Bundeskabinetts als eigenständige Instanz neu ausgerichtet und ausschließlich einer parlamentarischen und gerichtlichen Kontrolle unterliegen. Die Bundesbeauftragte soll über eigene Mittel aus dem Bundeshaushalt verfügen. Sachmittel und Personal sollen nicht mehr vom Innenressort bezogen werden.
Die Pläne verursachen Voßhoff zufolge einen "personellen Mehraufwand". Dieser dürfe aber "nicht zu Lasten der Facharbeit" gehen. Es sollen nur vier zusätzliche Personalstellen eingerichtet werden. Zum Vergleich: Um die IT-Sicherheit zu stärken hat die Regierung knapp 500 neue Verwaltungsstellen eingeplant.
Schärfere Kritik vom ehemaligen Datenschutzbeauftragten
Schärfer ins Gericht mit dem Vorhaben geht der frühere Bundesdatenschützer Peter Schaar. Er bezeichnete den Entwurf in einem Beitrag für netzpolitik.org als "völlig unzureichend", da die Regierung die Reform auf das "absolute Mindestmaß" beschränken wolle. Zwar solle die rechtliche Stellung der Beauftragten aufgewertet werden. Weitere Forderungen dazu, die Behörde zu stärken, seien aber nicht aufgenommen worden.
Schaar moniert etwa, dass sich die Bundesregierung weiterhin das exklusive Vorschlagsrecht für Kandidaten zur parlamentarischen Wahl der Amtsleitung vorbehalte. Die geltenden Bestimmungen zur Zeugenvernehmung würden sogar deutlich eingeschränkt. Betreffe eine Aussage etwa vor dem NSA-Untersuchungsausschuss Vorgänge, die dem "Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung der Bundesregierung" zuzurechnen "sein könnten", solle die Bundesbeauftragte künftig nur "im Einvernehmen" mit der Exekutive aussagen dürfen.
Dass der Dienstsitz auf Bonn fernab der politischen Entscheidungen in Berlin festgelegt werden soll, sendet laut Schaar die Botschaft aus: "Misch dich nicht allzu sehr ein!" Ferner sollten der Behörde auch weiter jegliche Sanktionsmöglichkeit gegen Unternehmen der Post- und Telekommunikationswirtschaft, die ihrer Datenschutzaufsicht unterliegen, vorenthalten werden. Damit bleibe es bei einem zahnlosen Tiger, das sei ein erneuter Verstoß gegen EU-Recht. Insgesamt mache das "gesetzgeberische Minimalprogramm" deutlich, welchen Wert die Regierung dem Datenschutz zumesse. Der Bundestag müsse daher "substanziell nachbessern". (anw)