Mobilfunk wird zum Datenfunk
Der Branchenverband Bitkom skizziert im Vorfeld des Mobile World Congress schon einmal die Trends in der mobilen Sprach- und Datenkommunikation.
Der Markt für mobile Datendienste in Deutschland legt 2013 voraussichtlich um 10 Prozent auf 9,4 Milliarden Euro zu. Damit entfallen im laufenden Jahr rund 44 Prozent aller Mobilfunkumsätze auf den Datenverkehr. Im kommenden Jahr dürften diese Einnahmen die Erlöse mit Sprache eingeholt haben, prognostizierte Jens Schulte-Bockum, Präsidiumsmitglied beim Branchenverband Bitkom anlässlich einer Telefonkonferenz im Vorfeld des Mobile World Congress am heutigen Donnerstag.
Bereits 2012 hatte der Bitkom per Umfrage ermittelt, dass 43 Prozent der Smartphone-Besitzer täglich Internet-Inhalte abrufen. 41 Prozent versenden SMS und 34 Prozent greifen täglich per Handy auf soziale Netzwerke zu. Innerhalb von sieben Jahren sind herkömmliche Handys außerdem vom Standard- zum Nischenprodukt geworden. Bei Smartphones verlief die Entwicklung genau umgekehrt. Rund 96 Prozent des Umsatzes mit Mobiltelefonen entfallen bereits auf diese Geräteklasse, die erst seit dem Erscheinen des iPhone im Jahr 2007 Furore macht.
In Deutschland werden 2013 voraussichtlich rund 28 Millionen Smartphones verkauft, eine Steigerung um 29 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der Umsatz legt der Prognose zufolge um ein Viertel auf 8,8 Milliarden Euro zu. Insgesamt werden im laufenden Jahr 34,6 Millionen Handys (+20 Prozent) abgesetzt. Stimmen die Werte, die der Bitkom mit Rückgriff auf Daten von IDC und des eigenen Marktforschungsinstituts EITO (European Information Technology Observatory) berechnete, zählen vier Fünftel aller derzeit in Deutschland verkauften Handys zur Smartphone-Kategorie.
Dass die mobilen Datendienste so schnell zu den Sprachdiensten aufschließen, hat noch einen anderen Grund. Mobiltelefonieren ist in den vergangenen Jahren einfach billiger geworden, und das schlägt sich auf der Einnahmenseite nieder. "Für dieses Jahr erwarten wir einen Rückgang um rund 7 Prozent auf knapp 12 Milliarden Euro", erklärte Schulte-Bockum. Innerhalb von fünf Jahren hätten die TK-Anbieter in diesem Segment rund 2,8 Milliarden Euro Umsatz verloren –  und das, obwohl immer mehr mobil telefoniert werde. Die Zahl der abgehenden Gesprächsminuten ist 2012 um rund 6 Prozent auf 113 Milliarden Minuten allein in Deutschland gestiegen.
Schulte-Bockum, Chef von Vodafone Deutschland, beklagte die Eingriffe der Regulierung, die dem Markt Mittel "entziehe". Ende 2012 haben sich die gesetzlich verordneten Gebühren für das Weiterleiten von Handygesprächen erneut halbiert – wie erst zwei Jahre zuvor. Den Unternehmen würden immer wieder kurzfristig Gelder entzogen, die für Investitionen in Netzausbau und -qualität dringend benötigt werden, kritisierte der Manager.
Zurzeit investieren die Netzbetreiber kräftig in den Auf- und Ausbau der LTE-Netze. Bis 2015 sollen in die Infrastruktur des UMTS-Nachfolgers zwischen 8 und 10 Milliarden Euro fließen. Mittlerweile geht es anscheinend auch mit der Bearbeitung der Anträge auf Richtfunkgenehmigungen seitens der zuständigen Bundesnetzagentur schneller voran. Nun muss sie nur noch eine Halde von derzeit über 7000 Anträgen abarbeiten. Überdies stehen den Netzbetreibern frequenzpolitische Entscheidungen ins Haus, zu denen die Bundesnetzagentur eine Bedarfsanalyse erstellt.
2016 laufen die Nutzungsrechte an den GSM-Frequenzen bei 900 und 1800 MHz aus. 2020 folgen die UMTS-Frequenzbereiche. 2015 stehen zudem Entscheidungen zur "digitalen Dividende II" im 700-Megahertz-Band an. Schulte-Bockum appellierte an die Politik, die Vergabe der unterschiedlichen Frequenzbereiche gemeinsam anzugehen und nicht isoliert zu betrachten. Daher sollten unter anderem die bestehenden Frequenzen im 900- und 1800-MHz-Spektrum (vornehmlich GSM) bis mindestens 2020 verlängert werden. Ganz selbstlos ist dieser Appell des Bitkom natürlich nicht: Es wäre im Sinne der heutigen Netzbetreiber, dass niemand am Status quo rüttelt und sich die Tür für neue Konkurrenten gar nicht erst öffnet. (un)