NRW-Polizei verschickte 2010 rund 250.000 "Stille SMS"

Die Landesregierung Nordrhein-Westfalens hat erstmals Zahlen zur Nutzung von Ortungsimpulsen in Ermittlungsverfahren herausgegeben.

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Die nordrhein-westfälische Polizei hat im vergangenen Jahr in 778 Ermittlungsverfahren 255.784 Ortungsimpulse an 2644 Mobilfunkteilnehmer verschickt. Das geht aus einer Antwort (PDF-Datei) der NRW-Landesregierung auf eine Kleine Anfrage der Landtagsfraktion der Linken hervor. Diese stellt die Nutzung von "Stillen-SMS" zur Bestimmung des Aufenthaltsorts von Verdächtigen in eine Reihe mit der polizeilichen Funkzellenauswertung anlässlich einer Demonstration in Dresden und den Staatstrojaner. "Mit den Stillen SMS wird endgültig klar, dass die polizeiliche und geheimdienstliche Nutzung der digitalen Spionagewerkzeuge einer gesellschaftlichen Auseinandersetzung bedarf", sagte die Linken-Landtagsabgeordnete Anna Conrads laut einer Mitteilung.

In den Vorjahren war die Menge der von der Polizei verschickten Ortungsimpulse stetig angestiegen, von 156.000 im Jahr 2006 auf knapp 321.000 im Jahr 2009. Dabei könne aus technischen Gründen aber nicht beziffert werden, wie viele Impulse tatsächlich angekommen sind, heißt es in der Antwort; dafür muss nämlich das Zielgerät eingeschaltet sein. Dann löst der Ortungsimpuls für den Besitzer des Geräts nicht erkennbar eine Meldung über die Funkzelle aus, in die das Endgerät eingebucht ist. Diese Maßnahme wird richterlich angeordnet.

Die NRW-Landesregierung betont, dass im Gegensatz zur Funkzellenauswertung bei der Nutzung Stiller SMS keine Verkehrsdaten erfasst werden. Da lediglich ein technischer Impuls zur Ortung eines Mobiltelefons anfalle, es sich dabei also nicht um einen Kommunikationsvorgang handele, berĂĽhre die Stille SMS nicht das in Artikel 10 des Grundgesetzes geschĂĽtzte Fernmeldegeheimnis.

Die Landesregierung weist auch darauf hin, dass auf politischen Versammlungen die Telekommunikation nicht überwacht werde, da dort begangene Straftaten nicht die in den §§ 100a und 100g der Strafprozessordnung geschilderten Voraussetzungen erfüllen. Conrads ist mit der Antwort nicht zufrieden. In dem Beispiel Dresden, wo die Polizei Handyverbindungen tausender Demonstranten und Anwohner ausgewertet hat, habe die Polizei für die richterliche Anordnung einfach eine "kriminelle Vereinigung" konstruiert. Nach NRW, wo zum ersten Mal Daten zur polizeilichen Handyortung herausgegeben wurden, sollten andere Länder folgen, fordern die Linken. (anw)