NSA-Ausschuss: Datenschützerin wirft BND grobe Rechtsverstöße vor
Eine Geheimdienstexpertin der Bundesdatenschutzbeauftragten hat im Bundestag moniert, dass der BND Informationen illegal an die NSA übermittelt habe. Der Datenfilter habe nicht richtig funktioniert.
Gabriele Löwnau, im Stab der Bundesdatenschutzbeauftragten unter anderem für Geheimdienste zuständig, hat die eigenmächtige Datenverarbeitung des Bundesnachrichtendiensts (BND) an dessen Horchposten Bad Aibling als "rechtswidrig" kritisiert. Bei zwei Besuchen der Kontrollbehörde im Dezember 2013 und Oktober 2014 in Bad Aibling habe sich herausgestellt, "dass bestimmte Voraussetzungen nicht erfüllt sind", erklärte die Referatsleiterin am Donnerstag vor dem im NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestags.
Keine Formalie
"Vier bis fünf" von sechs in Bad Aibling geführten Dateien hätten nicht den Anforderungen entsprochen, vom Bundeskanzleramt und der Datenschutzaufsicht abgesegnet worden zu sein. Nicht einmal die BND-Datenschutzbeauftragte sei informiert worden. Dies sei keine Formalie, da die Genehmigungen "eine wichtige rechtliche Voraussetzung" für den Betrieb der Datenbanken seien. Damit könne eine Weitergabe der erhobenen Informationen ebenfalls nicht rechtskonform sein.
Die Datenschützer sind laut der Aussage Löwnaus erst nach den Snowden-Enthüllungen bei der BND-Außenstelle vorstellig geworden, von der aus der deutsche Auslandsgeheimdienst Daten aus der Satelliten- und Internetaufklärung an die NSA weitergegeben hat. Zuvor habe es keinen Verdacht gegeben, dass entsprechende Transfers unzulässig seien.
Filter funktioniert nicht
Löwnau sagte weiter, dass der BND mit dem in Bad Aibling eingesetzten Filtersystem Dafis “nicht alles ausfiltern kann, was geschützt werden sollte". Es bestehe die Gefahr, dass deutsche Staatsbürger mit erfasst würden. Mit Dafis bemüht sich der BND weitgehend automatisch sicherzustellen, dass bei dem Datentransfer an die NSA deutsche Gesetze eingehalten werden und Informationen über deutsche Staatsbürger aussortiert werden. Das System "kann technisch nicht zu 100 Prozent funktionieren", meinte Löwnau.
Grundsätzlich bestätigte Löwnau Meldungen, der BND habe umfangreiche Metadaten an die NSA weitergeleitet. In einer Woche habe es sich dabei "um Milliarden" gehandelt. Zudem seien Treffer von IP-Verkehren im Millionenbereich übermittelt worden, auf die bestimmte Suchbegriffe angeschlagen hätten. Auch Inhaltsdaten in Form von "Nachrichten" seien darunter gewesen. Ob es sich um eine "Massenüberwachung" gehandelt habe, sei eine Frage der noch ausstehenden abschließenden politischen Bewertung der Bundesdatenschutzbeauftragten Andrea Voßhoff.
Die Weltraumtheorie
Löwnau monierte weiter, dass die Kontrollbefugnis der Datenschützer vor Ort "unzulässig" beschränkt worden sei. So sei das dortige gemeinsame Zentrum mit der NSA für sie tabu gewesen und hätte nicht besichtigt werden dürfen. Dies sei mit der "Staatswohlklausel" begründet worden, die eigentlich nur in seltenen Ausnahmefällen herangezogen werden könnte. Die Zeugin berichtete weiter, dass es schon schwierig gewesen sei, vor dem Gang nach Bad Aibling die Rechtsgrundlage abzuklären, auf deren Basis personenbezogene Daten überhaupt an die NSA übermittelt werden dürften.
Im Kern geht es in der Auseinandersetzung um die Frage, ob der BND genauso wie der Verfassungsschutz personenbezogene Informationen nicht an ausländische Stellen übermitteln darf, "wenn auswärtige Belange” oder “schutzwürdige Interessen des Betroffenen entgegenstehen". Der BND formulierte im August 2013 mit Zustimmung des Bundeskanzleramts die sogenannte Weltraumtheorie, wonach die in Bad Aibling ankommenden Satellitendaten im Ausland erhoben würden und daher ohne große Auflagen an die NSA weitergeleitet werden dürften. Daran hält die BND-Spitze bis heute im Prinzip fest.
Löwnau unterstrich dagegen, die Signale würden von Antennen in Bad Aibling erfasst und unterlägen so deutschem Recht: "Die Weltraumtheorie überzeugt mich nicht." (vbr)