NSA-Skandal: Geheimdienste manipulieren und diskreditieren im Netz

Dass die NSA und ihre Partner im Internet nicht nur mitlesen, sondern auch gezielt in die Kommunikation eingreifen, ist inzwischen bekannt. Eine ganze Reihe von Folien beleuchten, dass sich die Dienste dabei nicht nur gegen Terroristen richten.

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Von
  • Martin Holland

Der GCHQ und die NSA versuchen Debatten im Internet zu infiltrieren, zu kontrollieren und zu manipulieren, um ihre Ziele durchzusetzen. Das ergebe sich aus Dokumenten des NSA-Whistleblowers Edward Snowden, die der US-Fernsehsender NBC in den vergangenen Wochen enthüllt hat, erklärt Glenn Greenwald. Auf The Intercept fasst er die verschiedenen Dokumentensammlungen zusammen und beleuchtet, wie der GCHQ etwa falsches Material ins Internet lädt, um die Reputation einer Zielperson zu zerstören. Außerdem nutzten die Briten Erkenntnisse der Sozialwissenschaften, um Debatten im Internet zu beeinflussen und einen gewünschten Ausgang herbeizuführen.

Taktiken des "Operational Playbook"

(Bild: The Intercept)

Um seine These zu untermauern, führt Greenwald Informationen aus neuen und bereits veröffentlichten Dokumenten zusammen. So gehe aus einer Folie hervor, dass der britische Geheimdienst GCHQ gezielt "Honey traps" einsetzt, um jemanden zu bestimmten Seiten zu lotsen. Um eine "Person zu diskreditieren" (so der Titel der Folie), könnte außerdem deren Foto bei einem sozialen Netzwerk geändert oder ein Blogeintrag veröffentlicht werden, der von einem angeblichen Opfer stammt. Falsche beziehungsweise rufschädigende Informationen könnten auch direkt an "Kollegen, Nachbarn, Freunde etc." gemailt werden. Solche und ähnliche Taktiken werden in internen Informationsdokumenten des Geheimdiensts aufgelistet.

Folien zur "Kunst der Täuschung" (10 Bilder)

"Ich bin Batman"

Mit diesem Bild beginnt die neue Foliensammlung. (Bild: The Intercept)

Auf diese Weise wird demnach aber nicht nur gegen Einzelpersonen, sondern auch gegen Unternehmen vorgegangen. Als Möglichkeiten, um Konzerne zu diskreditieren, könnten etwa geheime Informationen an die Konkurrenz oder die Presse weitergegeben werden, schreibt eine GCHQ-Einheit in einem als streng geheimen klassifizierten Dokument. Darüber hinaus könnten negative Informationen in passenden Internetforen gepostet oder gleich ganze Geschäftsdeals und -beziehungen zerstört werden. Auf diese Art und Weise könnten Online-Techniken genutzt werden, "um etwas in der realen oder digitalen Welt geschehen zu lassen".

NSA-Skandal

Die NSA, der britische GCHQ und andere westliche Geheimdienste greifen in groĂźem Umfang internationale Kommunikation ab, spionieren Unternehmen sowie staatliche Stellen aus und verpflichten Dienstleister im Geheimen zur Kooperation. Einzelheiten dazu hat Edward Snowden enthĂĽllt.

Das diese Taktiken nicht nur gegen Personen eingesetzt würden, die als Terroristen oder Gefahr für die nationale Sicherheit eingestuft werden, ging bereits aus anderen Dokumenten hervor. Diese zeigen, dass etwa Hacktivisten wie Anhänger von Anonymous Ziel solcher Vorgehensweisen werden können. So könnte der Ruf von jemandem zerstört und deren Auftreten im Internet unterbunden werden, ohne dass ihnen ein Verbrechen vorgeworfen wird. Hier werde nicht nur Vertrauen in staatliche Stellen zerstört sondern auch das in andere Berufsgruppen, schreibt NBC. Etwa das in Journalisten, wenn Geheimdienste deren Identitäten annehmen, um an Zielpersonen heranzukommen.

Diese neue Zusammenfassung muss auch im Kontext aller bereits veröffentlichten Snowden-Dokumente gesehen werden. Immerhin ist bereits klar, dass westliche Geheimdienste weite Teile der Online-Infrastruktur unter ihre Kontrolle gebracht haben. Bereits am Anfang war abzusehen, dass dies nicht nur geschieht, um weltweit Informationen und Kommunikation zu überwachen, sondern auch um aktiv darin einzugreifen. Angesichts der Dokumente über die Aktivitäten des britischen GCHQ kristallisiert sich nun ein Bild heraus, in dem dies bereits geschieht. Wie Sascha Lobo bereits Anfang Juli 2013 zusammenfasste, "Wer lesen kann, kann auch schreiben". Auch deswegen ist die Überwachung eine solch fundamentale Gefahr für die Demokratie. (mho)