Netzbetreiber wollen Netzneutralität aushöhlen
Die Vereinigung der European Telecommunications Network Operators drängt die Internationale Fernmeldeunion ITU, unterschiedliche Qualitätsklassen im Netzverkehr zuzulassen.
Die Vereinigung der europäischen Netzbetreiber (ETNO) drängt die Internationale Fernmeldeunion ITU dazu, im Rahmen eines neuen Vertrags der Uno-Institution unterschiedliche Qualitätsklassen im Internetverkehr zuzulassen. Die Mitgliedstaaten sollten auf der World Conference on International Telecommunication (WCIT) Anfang Dezember in Dubai beschließen, dass nicht mehr allein das "Best Effort"-Prinzip festgeschrieben werde, heißt es in einer Eingabe des Verbands. Dieser Ansatz besagt, dass Datenpakete der Reihe nach ohne Vorzugsbehandlung verarbeitet und weitergeleitet werden. Die ETNO möchte dagegen erreichen, dass Provider gewisse Übertragungsqualitäten garantieren können und dafür Aufpreise verlangen dürfen.
Anzustreben sei ein "nachhaltiges System der angemessenen Vergütung" für TK-Dienste, fordern die europäischen Telcos in dem Papier (PDF-Datei), das die Plattform wcitleaks veröffentlicht hat. Dabei habe in der Regel die Inhalte aussende Seite zu zahlen. Große Netzbetreiber wollen seit Jahren Anbieter wie Google mit YouTube, Netflix oder Skype zusätzlich für die Übertragung bandbreitenhungriger Dienste zur Kasse bitten. Voriges Jahr hatten die Branchenschwergewichte Alcatel-Lucent, die Deutsche Telekom und Vivendi bei der EU-Kommission für ein "Internet der Wahlmöglichkeiten" und verschiedene Qualitätsklassen geworben. Zugangsanbieter wie 1&1 werten solche Vorstöße dagegen als "Abweichung vom Prinzip der Netzneutralität".
Das Internet sei zu einer kritischen Infrastruktur geworden, argumentiert die ETNO nun in ihrem Antrag zur laufenden Novellierung der International Telecommunication Regulations (ITR) der ITU. Neue Online-Dienste veränderten die wirtschaftliche Landschaft und das Wesen der TK-Industrie. Es sei daher von größter Bedeutung, die Weiterentwicklung des Sektors und Investitionen in die globalen Netzinfrastrukturen von morgen über die Möglichkeit "kommerzieller Vereinbarungen" der Betroffenen sicher zu stellen. In einer Mitteilung erläutert der Zusammenschluss, dass dieses Konzept eines Mehrklassennetzes neue Regeln zum Austausch von Datenpaketen erlaube, das weniger auf deren Volumen als auf deren "Wert" für den Endnutzer abstelle. (vbr)