No-Spy-Abkommen im Bundestag: "Wir kommen an Grenzen"

Im Parlament herrscht weitgehend Einigkeit, wie das Verhalten der USA in den geplatzten Gesprächen über ein No-Spy-Abkommen zu bewerten ist. Über Konsequenzen gehen die Meinungen wieder auseinander.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 201 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Detlef Borchers

Die vorerst gescheiterten Gespräche über ein No-Spy-Abkommen zwischen den USA und Deutschland waren am Mittwoch auch Thema im Bundestag. Das Abkommen stecke in einer "Sackgasse", räumte Clemens Binniger (CDU) ein, der künftige Vorsitzende des parlamentarischen Kontrollausschusses zur Aufsicht der Geheimdienste. Die Aussprach fand im Vorfeld der von US-Präsident Obama für Freitag angekündigten Rede über die Arbeit und Reform der US-Geheimdienste statt.

"Wir kriegen nichts": Dieses BND-Präsident Gerhard Schindler zugeschriebene Zitat wurde nahezu von jedem Redner aufgegriffen. "Eine bodenlose Frechheit" nannte der Linke Jan Korte zudem die Aussage des ehemaligen Bundesinnenministers Hans-Peter Friedrich (CSU), es habe in seiner Amtszeit wichtigere Themen als den NSA-Skandal gegeben.

Die Bundesregierung forderte Korte auf, die TAFTA-Verhandlungen zu stoppen, sowie das SWIFT-Abkommen und die Passagierdatenweitergabe auszusetzen. Als Sonder-Emissionär schlug Korte den ehemaligen Bundesdatenschützer Peter Schaar vor. Er sei ein Zeichen dafür, dass wirklich gehandelt werde. Neben der europaweiten Abschaffung der Vorratsdatenspeicherung plädierte Korte dafür, spionierende Botschaftsangehörige als "persona non grata" des Landes zu verweisen.

Für die Bundesregierung antwortete der neue parlamentarische Innenstaatssekretär Günter Krings (CDU), dass die Reaktionen der US-Seite unbefriedigend seien und das gelieferte Material unakzeptabel sei. Deutschland müsse intelligent auf den amerikanischen Affront reagieren. Die Kündigung von sicherheitsrelevanten Abkommen sei der falsche Weg. Neben klaren Vereinbarungen möchte die Regierung "mehr und bessere Verschlüsselung" durchsetzen. Auch die Frage des "europäischen Routing" wie die Einrichtung einer europäischen oder deutschen Cloud müsse geprüft werden.

Für die Grünen zeigte sich Konstantin von Notz gespannt, was auf die Erklärung des neuen Innenministers Thomas de Maizière (CDU) folgen wird, der sich Tags zuvor die Freiheit der Kommunikation als Arbeitsschwerpunkt gesetzt hatte. Neben dem Aussetzen von Abkommen und dem Abbruch der Diskussion um die Vorratsdatenspeicherung forderte von Notz einen NSA-Untersuchungsausschuss. Sein Parteikollege Hans-Christian Ströbele verwies auf die Zusage Edward Snowdens, vor einem Ausschuss aufzutreten, wenn Deutschland einen sicheren Aufenthalt gewährleiste. "Wir brauchen den einzigen Zeugen, der vor einem solchen Untersuchungsausschuss aussagen kann."

Seitens der SPD dankte der Innenpolitiker Michael Hartmann dem mutigen Herrn Snowden, "der uns allen die Augen geöffnet hat". Die Bundesregierung sei dem US-amerikanischen Treiben keineswegs wehrlos ausgesetzt. Neben dem Aussetzen von Verträgen könne man öffentliche Aufträge an die US-Firmen stoppen, die mit US-Geheimdiensten kooperierten. Sei Parteikollege Lars Klingbeil forderte klare Worte unter Freunden. Es sei wichtig, den Menschen das Vertrauen in Technik und Kommunikationsinfrastruktur zurückzugeben.

Als einziger Redner schlug Clemens Binninger (CDU) technik-skeptische Töne an. Man müsse auch die technischen Punkte benennen, in denen die Politik nicht in der Lage sei, die Menschen zu schützen: "Wir werden an unsere Grenzen dessen kommen, was geschützt werden kann." Sein Parteikollege Manfred Grund warnte vor dem Scheitern des No-Spy-Abkommens: "Wer die Zusammenarbeit (der Geheimdienste) in Frage stellt, riskiert das Leben deutscher Bürger".

Unter Berufung auf Sascha Lobos Essay über das kaputte Internet meinte Armin Schuster (CDU), dass Deutschland die Zukunft des Internet sichern könne, wenn die Nachrichtendienste und besonders das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) gestärkt würden. Eine deutliche personelle wie finanzielle Aufwertung des BSI und des Verfassungsschutzes gehörte auch zu den Forderungen, die Stephan Mayer (CSU) aufstellte. Mayer meinte, man dürfe ein No-Spy-Abkommen nicht überbewerten. Es sei im Sinne der transatlantischen Freundschaft atmosphärisch wünschenswert.

(vbr)