Ă–sterreichs Verfassungsgerichtshof hebt E-Voting auf
Die Wahlen der österreichischen Studierendenvertretung im Jahr 2009 waren rechtswidrig, entschied der dortige Verfassungsgerichtshof. Das zugrunde liegende Gesetz habe zahlreiche Fragen offen gelassen.
Der österreichische Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat die Bestimmungen über das E-Voting zur Studentenvertretung ÖH aufgehoben. Die entsprechende Verordnung sei nicht ausreichend detailliert und damit rechtswidrig. Daher sei die 2009 mit E-Voting und auf Papier durchgeführte Wahl insgesamt ungültig gewesen. Sie kann allerdings nicht wiederholt werden, da im Mai 2011 schon die nächsten turnusmäßigen Wahlen stattgefunden haben (ohne E-Voting).
Die Beurteilung (PDF-Datei) hat richtungsweisende Bedeutung ĂĽber studentische Wahlen hinaus: Nach geltender Rechtslage und Stand der Technik ist E-Voting in Ă–sterreich schwer realisierbar. Gleichzeitig lieĂźen die 14 Verfassungsrichter aber eine Reihe von Kritikpunkten nicht gelten
Der Verfassungsgerichtshof hat den gesamten Abschnitt der Wahlverordnung als gesetzwidrig aufgehoben, auf dem das E-Voting beruhte. So sei darin unklar, wie das fehlerfreie Funktionieren des Systems überprüft werden könne. Notwendig seien auch "besondere Vorkehrungen zur Vermeidung von Programmierfehlern oder zielgerichteter Wahlfälschung". Die Wahlordnung müsse dafür sorgen, dass das E-Voting sowohl für den Einzelnen nachvollziehbar als auch für die Wahlbehörden überprüfbar ist. Auch von der Anonymisierung der Stimmen zeigt sich der VfGH nicht überzeugt. Weiterhin sei das E-Voting von Montag bis Freitag gelaufen. Das Gesetz erlaubt ÖH-Wahlen aber nur von Dienstag bis Donnerstag.
Ob das E-Voting den Grundsatz der persönlichen und geheimen Wahl erfüllt, untersuchte der VfGH nicht. Datenschutzrechtlich sei das E-Voting in Ordnung gewesen: Die Wahldaten müssen demnach verschlüsselt übermittelt werden, eine Rückverfolgung der Stimme auf den Wähler ist unmöglich zu machen, und der Wähler ist zum unbeobachteten, unbeeinflussten und persönlichen Ausfüllen der Wahlformulare verpflichtet. Den in Deutschland bekannten Grundsatz der "Öffentlichkeit der Wahl " gibt es in Österreich nicht.
2009 hatte es mit dem E-Voting bei der ÖH-Wahl erstmals bei einer öffentlichen Wahl in Österreich die Möglichkeit gegeben, parallel zur klassischen Papierwahl online abzustimmen. Der Zustrom der Wähler war bescheiden. Der Quellcode der eingesetzten Software bleib geheim; wahlwerbende Gruppen durften einen Vertreter nominieren, der unter Aufsicht für einige Stunden Einblick in einen ähnlichen Code ohne Dokumentation nehmen durfte. Die Stimmabgabe war nicht unbedingt geheim. (jh)