Ohren-Zupf-Navi: Ein neuartiges Navigationssystem für Fußgänger

Japanische Forscher wollen per Force Feedback am Ohr Menschen durch Städte lenken.

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Bald schon könnte die freundliche Frauenstimme des Navigationsgerät Geschichte sein. Kein "Bitte biegen Sie jetzt rechts ab" mehr. Jedenfalls dann nicht, wenn man die Idee von Wissenschaftlern der japanischen University of Electro-Communication konsequent zu Ende denkt: Sie haben ein Interface entwickelt, das den Benutzer an den Ohren zieht, um ihm die Richtung zu weisen, berichtet Technology Review in seiner Online-Ausgabe. Bislang wirkt das erstmals auf der Siggraph-Konferenz vorgestellte so genannte Pull-Navi allerdings eher etwas grotesk: An einem Fahrradhelm sind rechts und links große, weiße Klemmen angebracht, die eine Art Seilzug halten. Dieser wiederum ist durch Klammern mit den Ohren des Helmträgers verbunden. Kleine Motoren treiben das System an; sie sind ebenfalls auf dem Helm montiert.

Beim Betrachten fällt es jedoch erst mal schwer zu glauben, dass diese Konstruktion mehr als die Eulenspiegelei einiger Studenten ist. Doch es steckt tatsächlich ein ernster Ansatz dahinter: Mit dem Pull-Navi sollen Fußgänger auf eine natürliche Weise navigiert werden. Dafür setzen die Entwickler auf den menschlichen Gleichgewichtssinn. "Wenn man jemanden am Ohr zieht, versucht derjenige, das Gleichgewicht wiederherzustellen, indem er in die jeweilige Richtung geht", erklärt Projektleiter Yuichiro Kojima. Dies, so Kojima weiter, geschieht unbewusst und bereits bei geringem Kraftaufwand. Das leichte Ziehen am Ohr vermittelt also intuitiv, in welche Richtung es gehen soll.

Im Gegensatz zu den meisten anderen Navigationsgeräten kann das Pull-Navi sogar in drei Richtungsebenen weisen. Neben der Auswahl zwischen links oder rechts sowie vor oder zurück kann dem Benutzer noch symbolisiert werden, dass er nach oben oder unten gehen soll. Damit ist das Pull-Navi auch für die Navigation in Gebäuden gut nutzbar. Hauptvorteil dieser ungewöhnlichen Art der Richtungsführung: akustische und visuelle Wahrnehmungen werden nicht gebraucht, um sich navigieren zu lassen. Durch diese Sinne kann die Umgebung also uneingeschränkt wahrgenommen werden. Damit bleibt mehr Aufmerksamkeit für den Straßenverkehr.

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(bsc)