Piratenpartei erweitert ihr Programm

Die Piraten sind keine Ein-Themen-Partei mehr: Zwei Tage lang haben sie ihr Programm auf einem Parteitag in Offenbach erweitert. Jetzt nehmen sie die Wahl in Kiel und dann die Bundestagswahl in den Blick.

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Von
  • dpa

Nach ihrem Wahlerfolg in Berlin hat die Piratenpartei ihr Programm deutlich erweitert. Ein Parteitag in Offenbach nahm am Wochenende das sozialpolitische Modell eines Bedingungslosen Grundeinkommens (BGE) ins Parteiprogramm auf. Außerdem forderten die Piraten die Begrenzung der Leiharbeit, das Kommunalwahlrecht für Ausländer und die Trennung von Staat und Religion. An dem Parteitag nahmen 1322 Mitglieder teil, mehr als doppelt so viel wie bei früheren Versammlungen der erst vor fünf Jahren gegründeten Partei. Anfangs hatten sich die Piraten vor allem auf Internet-Themen konzentriert.

Nach heftiger Debatte billigten am Samstag 66,9 Prozent der Teilnehmer einen Antrag, das BGE ins Programm aufzunehmen. Damit wurde die erforderliche Zweidrittelmehrheit für Programmänderungen knapp erreicht. Mit diesem Beschluss wolle die Piratenpartei ein Sprachrohr werden, um das BGE-Modell in die politische Diskussion zu bringen, sagte die Politische Geschäftsführerin Marina Weisband. Am Ende solle es dazu eine Volksbefragung geben.

"Wir können uns erstens eine Vollbeschäftigung nicht mehr leisten, und zweitens brauchen wir sie auch nicht mehr", sagte Weisband zur Begründung des Grundeinkommens für alle. "Wir bezeichnen alles als Arbeit, was für die Gesellschaft nützlich ist." Dazu gehöre auch die Pflege von Familienangehörigen und die Gestaltung von Kunst. Der alte Links-Begriff beruhe auf einer klassischen Definition von Arbeit und Leistung und passe daher nicht zur BGE-Entscheidung, sagte Weisband am Sonntag vor Journalisten. "Wir sind in einer Informationsgesellschaft, in der plötzlich die produktive Kraft das Wissen ist. Und Wissen hat die Eigenschaft, dass es nicht ausgeht."

Die Fülle von Anträgen und die große Beteiligung von Mitgliedern stellt die Piraten vor die Herausforderung, wie sie sich in Zukunft organisieren. Vorstandsmitglied Bernd Schlömer bekräftigte am Sonntag: "Wir wollen nicht auf ein Delegiertensystem setzen." Denkbar seien stattdessen dezentrale Parteitage in Verbindung mit intelligenten technischen Lösungen im Internet.

Parteivorsitzender Sebastian Nerz zeigte sich zufrieden mit dem Verlauf des Offenbacher Parteitags: "Wir haben wenig Streit gesehen, das freut mich sehr." Zum Auftakt der Versammlung hatte er noch vor der Gefahr einer Spaltung gewarnt und zur Gemeinsamkeit aufgerufen.

Mit Blick auf die Bundestagswahl 2013 werde es einen außerordentlichen Wahlprogrammparteitag geben, sagte Nerz. Die endgültige Entscheidung zum Wahlprogramm werde dann im Frühjahr 2013 getroffen. Außerdem soll es im April 2012 einen Parteitag in Norddeutschland geben – kurz vor der Landtagswahl im Mai in Schleswig-Holstein. "Wenn wir in Schleswig-Holstein gut abschneiden, können wir beweisen, dass wir auch in einem konservativen Flächenland stark sind", sagte der Spitzenkandidat der Kieler Piraten, Torge Schmidt. "Wir sind nicht nur ein urbanes Phänomen in Berlin." (ck)