Polnische EU-Präsidentschaft: "Offenen und neutralen Charakter des Internet bewahren"
Es sei nötig, Fragen des Verkehrsmanagements sowie der Blockade oder der gezielten Verschlechterung von Diensten anzugehen, heißt es in einem Entwurf der EU-Ratsspitze. Netzneutralität solle als politische Zielsetzung berücksichtigt werden.
Die polnische Präsidentschaft des EU-Rates hat sich dafür ausgesprochen, den "offenen und neutralen Charakter des Internets zu bewahren und die Netzneutralität als politische Zielsetzung zu berücksichtigen". Es sei nötig, Fragen des Verkehrsmanagements sowie der Blockade oder der gezielten Verschlechterung von Diensten anzugehen, heißt es in einem jüngst veröffentlichten Entwurf (PDF-Datei) der Ratsspitze für eine Stellungnahme der Arbeitsgruppe für Telekommunikation und Informationsgesellschaft des Ministergremiums. Auch die Servicequalität und die Transparenz von Angeboten seien im Auge zu behalten, um den Verbrauchern die Wahl zwischen einzelnen Providern zu erleichtern.
Die Ratsführung betonte, es sei von großer Bedeutung, dass Nutzer sicher sein könnten, Inhalte und Dienste ihrer Wahl kreieren, vertreiben und ansteuern zu können. Es sei auch nötig, Forschung im Bereich Netzneutralität zu unterstützen, um innovative Lösungen, die Wettbewerbskraft und die weitere Entwicklung der wissensbasierten Wirtschaft zu stärken. Zunächst müsse aber auch den Vorkehrungen im Telecom-Paket der EU zur Netzneutralität ausreichend Zeit gegeben werden, nach ihrer Umsetzung in nationales Recht zu greifen. Diese beschränken sich größtenteils auf Transparenzvorschriften und werden von Kritikern als zahnlos abgetan. Die Ratsspitze befürwortet in diesem Zusammenhang das Vorhaben der EU-Kommission, die Netzneutralitätsbestimmungen aus dem Regulierungsrahmen zu überprüfen.
Das Papier räumt ein, dass es bei Nutzern sowie Inhalte- und Diensteanbietern Bedenken gebe, dass Netzbetreiber Praktiken zum Verkehrsmanagement dazu missbrauchten, durchgeleitete Daten unterschiedlich zu behandeln. Verbraucher beschwerten sich zudem über die Diskrepanz zwischen beworbenen und tatsächlich gelieferten Bandbreiten bei Internetzugängen. Ferner seien Sorgen um den Datenschutz geäußert worden. Zu entwickeln sei daher ein Rahmen, der die Offenheit des Internets sichere und zugleich gewährleiste, dass es weiterhin hochwertige Dienste zur Verfügung stelle. Dies alles solle in einem Umfeld erfolgen, das Grundrechte wie die freie Meinungsäußerung und Berufsausübung vorantreibe und respektiere.
Die "European Digital Rights"-Initiative (EDRi) hat die Position der Ratspräsidentschaft begrüßt, weil sie sich wohltuend unterschiede von "extremeren und populistischeren" Versuchen zur "Zivilisierung" des Internets und nicht nur die Interessen einer kleinen Gruppe vertrete. Sie distanziere sich auch vom netzpolitischen Manifest der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), das sich für einen größeren Einsatz der Provider für den Urheberrechtsschutz stark mache. Die Mitgliedsstaaten müssen nach Ansicht der Bürgerrechtsvereinigung darauf achten, dass die Vermittlungsstellen im Netz nicht zum Wohl der Rechteinhaber in die Kommunikation der Bürger hineinfunkten. (jk)